Verwendet man in der Gaschromatographie eine stationare Phase A, fur die der zu trennende Stoff B eine chemische Affnitat aufweist, so wird das Retentionsverhalten von B neben dem ublichen physikulischen Verteilungsgleichgewicht zwischen der Gasphase und der flussigen Phase auch durch das chemische Gleichgewicht A + B + AB bestimmt. Sind A und B chiral und liegt A optisch aktiv und B als racemisches Gemisch vor, so kann eine Enantiomerentrennung auch ohne Isolierung von Diastereomeren in gaschromatographischer Arbeitsweise erreicht werden: Es entstehen schnell und reversibel die energetisch unterschiedlichen diastereomeren Assoziate ARBR und ARBS. Dieses enantiospezifische Trennprinzip wurde 1966 erstmals im Laboratoriurn bei der quantitativen Trennung racemischer Aminosaurederivate an optisch aktiven Peptidphasen verwirklicht. Durch Anbindung der chiralen Trennkomponente an thermisch stabile Polysiloxane, durch Verwendung von Hochauflosungskapillarsaulen sowie durch geeignete Derivatisierungsstrategien konnte die gaschromatographische Enantiomerentrennung zu einer modernen Routinemethode fur zahlreiche Stoffklassen ausgearbeitet werden. Erheischt bereits die Demonstration von Enantiospezifitat im gaschromatographischen Trennprozefi grundsatzliches Interesse, so kann deren systematische Untersuchung einen wesentlichen Beitrag zum Verstandnis der ,,chiralen Erkennung" auf molekularer Ebene liefern. Die gaschromatographische Enantiomerentrennung erweist sich auRerdem als genaue und empfindliche Methode zur Bestimmung enantiomerer Zusammensetzungen von Naturstoffen und Produkten enantioselektiver Transformationen (asymmetrische Synthesen, ,,chiral-pool"-Umwandlungen, kinetische Racematspaltung, biomimetische Reaktionen) sowie zur Quantifizierung der Racemisierung, z. B. in der Peptidsynthese und -hydrolyse. In einer Forschung, die sich mit dem Phanomen der Chiralitat auseinandersetzt, bildet die gaschromatographische Enantiomeranalytik unzersetzt verdampfbarer, fluchtiger Verbindungen ein modernes Instrumentarium, auf das nicht verzichtet werden kann.
Jahrgang 1984Heft Racemische Gemische konnen gaschromatographisch nach zwei Verfahren getrennt ~e r d e n l~~: a) Indirekte Methode: Umwandlung der Enantiomere in diastereomere Derivate durch chemische Reaktion mit einem enantiomerenreinen chiralen Hilfsstoff und anschlieSende gaschromatographische Trennung der Diastereomere a n einer achirulen stationaren Phase. b) Direkte Methode: Gaschromatographische Trennung der Enantiomere an einer chiralen stationaren Phase, die den optisch aktiven Hilfsstoff in hoher, jedoch nicht notwendigerweise vollstandiger Enantiomerenreinheit enthalt.Es gibt auch eine alternative Methode, bei welcher der optisch aktive Hilfsstoff der mobilen Gasphase beigemischt wirdlSa1.Diese Verfahren beruhen auf der Verwendung eines chiralen, nichtracemischen Hilfsstoffes und sind infolgedessen Varianten der klassischen Methode der Enantiomerentrennung uber diastereomere Salze nach Pusteur. Chromatographische Enantiomerentrennungen ohne Verwendung opti...