ZusammenfassungErnährung ist nicht nur ein entscheidendes physiologisches Fundament jeglicher menschlichen Entwicklung, sondern eine soziale Praxis, die normativ hochverregelt und als Technologie der (Gesundheits‑)Prävention stark aufgeladen ist. Kinder müssen angesichts dessen lernen, die richtige gesundheitsförderliche Nahrung zu akzeptieren und zu sich zu nehmen. Sie müssen aber auch den sozialen Verhaltenserwartungen und -zwängen ‚rund ums Essen‘ genügen und die herrschenden Regeln der Erwachsenengesellschaft zu Tischmanieren, Körperdisziplin, Mäßigung, Zeittakten, Konversationsregeln automatisieren. Dabei geht es aber insofern immer auch um den Erwerb universeller gesellschaftlicher Verhaltensstandards, als die Regeln des Essens weit über das Essen selbst hinaus verweisen. Dies erklärt, warum die Normalisierungsanstrengungen zur Kinderernährung in der Vergangenheit bis heute Gegenstand pädagogischer Diskurse und Praxis sind. Der Beitrag bereitet hierzu den erziehungswissenschaftlichen Forschungsstand zur Kinderernährung auf und zeichnet empirisch und theoretisch Brennpunkte der Pädagogisierungen der Kinderernährung nach. Dabei werden die Aspekte der Optimierung der Kinderkörper, der Kulturalisierung des Essensvollzugs, der nutritiven Generationenasymmetrie und schließlich der Maßnahmen der Essenserziehung fokussiert und in den kritischen Blick genommen. Zudem werden machtkritische Fragen zur Weiterentwicklung erziehungswissenschaftlicher Essensforschung aufgeworfen.