Zusammenfassung
Der Beitrag verfolgt das Ziel, am Beispiel des seit über 70 Jahre andauernden Gewaltkonflikts in Kolumbien eine Analyse vorzulegen, die den Begriff der „Gewaltsysteme“ ins Zentrum stellt. Obwohl in der kolumbianischen Soziologie seit mehreren Jahrzehnten ein elaborierter Diskurs zur Gewaltfrage im Lande existiert, spielen systemtheoretische Ansätze hierbei bisher kaum eine Rolle. Konstitutiv für den von mir verwendeten Begriff der „Gewaltsysteme“ ist erstens der von von Foerster eingeführte Begriff der „Autologie“, den Luhmann bekanntlich für seinen an der System-/Umwelt-Differenz orientierten Systembegriff aufgreift, und zweitens die von Luhmann in den 1970er Jahren vorgelegte Unterscheidung von Macht und Gewalt. Hiermit geht es um die Frage, wieso Gewalt in einer Gesellschaft eine so große Rolle spielen kann, dass offensichtlich in Teilen der Gesellschaft hierfür zwar keine direkte Zustimmung, aber eine gewisse fatalistische Duldung festzustellen ist.