Mit dem Terminus "flüchtiger Vokal" wird in der russischen Grammatik eine Erscheinung benannt, die in Flexion wie Derivation zu beobachten ist; sie ist dadurch gekennzeichnet, daß (mindestens) eine Wortform den Vokal /e/ oder /o/ aufweist, während dieser in den übrigen Wortformen fehlt. Grundlage des Vergleichs mehrerer Wortformen miteinander ist dabei in der Flexion eben die Tatsache, daß sie als Formen eines und desselben Wortes betrachtet werden. Problematischer ist diese Grundlage bei Derivationsbeziehungen. Bei dem "flüchtigen Vokal" handelt es sich um eine als regelmäßig betrachtete Alternation im Rahmen der betreffenden Stamm-Allomorphe; die anzuhängenden Endungen sind von dieser Erscheinung nicht berührt. 1 Im Folgenden will ich meine Darlegungen auf die maskulinen Substantive der I. Deklination beschränken, und zwar aus zwei Gründen: erstens ist es so möglich, alle Fälle in einem überschaubaren Rahmen einigermaßen vollständig zu behandeln, zweitens ist die benannte Erscheinung gerade in diesem Bereich ein Didaktikproblem (dazu unten). Ein Vergleich der graphemischen Ebene (s.a. Zaliznjak 1963, 5) mit der phonologischen -wobei es ausreicht, sich jeweils auf die Nominativ-und die Genitivform zu beziehen -zeigt, daß der Terminus "flüchtiger Vokal" tatsächlich nur für die letztere gilt, während auf der ersteren die Verhältnisse komplexer sind, vgl.:Sg., Gen. Sg. graphisch lautlich 1) son, sna o ~ ø /son, sna/ o ~ ø 2) boec, bojca e ~ j /bojéc, bojcá/ e ~ ø 3) paök, pajka ö ~ j /pajók, pajká/ o ~ ø 4) ulej, ul´ä ej ~ ´ /úl'ej, úl'ja/ e ~ ø 5) zverök, zver´ka ö ~ ´ /zv'er'ók, zv'er'ká/ o ~ ø 6) konec, konca e ~ ø /kon'éc, koncá/ e ~ ø, K' ~ K 7) oröl, orla ö ~ ø /or'ól, orlá/ o ~ ø, K' ~ K Im Folgenden sollen beide Ebenen weitgehend parallel zueinander behandelt werden. Wie schon aus diesen Beispielen deutlich wird, kommt die Regelhaftigkeit dieser Erscheinung erst in einer lautbezogenen Transkription zum Ausdruck, wohingegen für 1 Das Auftreten dieser Vokale hängt aber natürlich mit dem Charakter der Endungen zusammen: meist (aber nicht immer) handelt es sich dabei um eine "Nullendung".