Der Anaesthesist 12•98 1011 Weiterbildung Transfusionskriterien ᭤Transfusionskriterien In Einzelfällen kann von den empfohlenen Transfusionskriterien abgewichen werden. ᭤ Hypovolämie Es muß sowohl eine Hypovolämie behandelt, als auch eine zu tiefe Hämoglobinkonzentration korrigiert werden. Transfusionskriterien sollen helfen, Bluttransfusionen sinnvoll einzusetzen. Sie sollen unnötige Bluttransfusionen verhindern, aber auch auf Situationen und Zustände aufmerksam machen, wo nach heutigem Wissen eine Bluttransfusion vorteilhaft erscheint. Die Bedeutung von Transfusionskriterien liegt darin, daß finanzielle Erwägungen, die möglichen Nebenwirkungen von Bluttransfusionen, aber auch die Risiken eines Verzichts auf eine Bluttransfusionen einen umsichtigen Einsatz dieser therapeutischen Maßnahme erfordern. Aus diesen Gründen ist bereits eine beträchtliche Anzahl von Empfehlungen und Guidelines zu diesem Thema veröffentlicht worden [1-5]. Ziel dieses Artikels ist es, diese Empfehlungen vorzustellen und zu analysieren, um schließlich zu einer aktuellen Synthese zu gelangen.Transfusionskriterien sollen nicht nur beschreiben, in welcher Situation eine Bluttransfusion angezeigt ist, sondern auch, welche Art von Erythrozytenkonzentraten gewählt werden soll: Buffy-coat frei, leukozytendepletiert oder bestrahlt. Dieser Artikel beschränkt sich auf die akute Anämie in der perioperativen oder peripartalen Phase, hämatologisch-onkologische Aspekte werden nur am Rande diskutiert. Bereits einführend soll festgehalten werden, daß ᭤ Transfusionskriterien Empfehlungen darstellen, die keinen Weisungscharakter haben. Sie können aber helfen, das in der Bundesrepublik Deutschland neue Transfusionsgesetz hinsichtlich Indikation und Erfolgskontrolle auszulegen. Unter besonderen Bedingungen und in Einzelfällen ist ein vom Regelfall abweichendes Verhalten vorgesehen. Grundsätzlich basieren Überlegungen, welche zu Transfusionskriterien führen, auf zwei Annahmen [1]. Erstens: Chirurgische Patienten erleiden Komplikationen aufgrund einer verminderten Sauerstoff (O 2 )-Transportkapazität bei einer verminderten Hämoglobinkonzentration; zweitens: Bluttransfusionen verhindern diese Komplikationen, indem sie die O 2 -Transportkapazität erhöhen. Diese Annahmen erscheinen intuitiv einfühlsam, sind aber wissenschaftlich höchstens ansatzweise belegt. Umgekehrt gibt es experimentelle [6] und klinische Arbeiten [7, 8], die eine gewisse Ineffektivität von Bluttransfusionen belegen. Insbesondere länger als 15 Tage gelagerte Erythrozytenkonzentrate scheinen ungeeignet, die globale oder lokale O 2 -Versorgung beim kritischkranken Patienten zu verbessern [7].Die Frage nach einer Bluttransfusion stellt sich in der perioperativen Phase im allgemeinen während oder nach Blutverlusten. Damit ergeben sich zwei Aspekte in der Behandlung: Einerseits, die Behandlung der Hypovolämie und andererseits die Korrektur einer zu tiefen Hämoglobinkonzentration. Zur Behandlung der ᭤ Hypovolämie dient vorrangig die Infusion von Kristalloiden und Kolloiden, da eine normovoläme akute ...