Die Rolle korpusbasierter und korpusgestützer Sprachforschung hat in den letzten 15 Jahren einen Wandel durchlaufen wie wohl kein anderer Bereich der Linguistik. War Korpuslinguistik noch am Anfang der Nullerjahre in Deutschland vornehmlich im Bereich der diachronen Forschung, der Variationslinguistik und der Lexikologie relevant und darüber hinaus teilweise stark von der Computerlinguistik vereinnahmt, so ist sie heute im Mainstream fast aller linguistischer Subdisziplinen fest etabliert. Erfreulicherweise hat sich dabei auch gezeigt, dass qualitative und quantitative linguistische Ansätze sich keineswegs widersprechen, sondern dass gerade ihre Kombination den größten Erkenntnisgewinn verspricht.Dass das IDS diesen Wandel nicht nur (auch) erfährt, sondern aktiv mitgestaltet hat, zeigt sich unter anderem in der Einrichtung der Programmbereiche "Korpuslinguistik" (2004) und "Mündliche Korpora" (2016) und mehrerer Großprojekte in den Abteilungen, etwa "Korpusgrammatik" (Abteilung Grammatik), "Empirische Methoden" (Abteilung Lexik) oder "Variation des gesprochenen Deutsch" (Abteilung Pragmatik), für die korpuslinguistische Zugänge zu Sprache jeweils zentral sind. Nicht zuletzt hat auch der Ausbau der schriftlichen Korpora (Deutsches Referenzkorpus DeReKo) und der mündlichen Korpora (Forschungs-und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch FOLK, Korpora im Archiv für Gesprochenes Deutsch) als Daueraufgabe des Instituts an Bedeutung gewonnen, was sich auch in der Weiterentwicklung der zugehörigen Korpus-Plattformen (KorAP als Nachfolger von COSMAS I/II und die DGD2 als Nachfolger von DIDA und der DGD des DSAv) niederschlägt. Die jeweils 1.000 bis 2.000 neuen Nutzer, die sich jährlich für diese Plattformen registrieren, belegen deutlich die große Verbreitung korpuslinguistischer Methoden in der sprachwissenschaftlichen Forschung und Lehre über das IDS hinaus.Entsprechend der allgemeinen Etablierung empirischer Verankerung in Korpusdaten und der Verwendung korpuslinguistischer Methodik kann die Aufgabe, einen Überblick über das Themenfeld "Korpuslinguistik" zu verschaffen, wenn überhaupt nur von der gesamten Reihe geleistet werden. In diesem Band konzentrieren wir uns daher -im Sinne einer Bestandsaufnahme -auf die Grundlagen der Korpuslinguistik (Mair, Kehrein & Vorberger, Dipper & Kwekkeboom, Boas & Fingerhuth, Draxler & Schiel, Schmidt), auf einige interessante neuere Anwendungsfelder (Scharloth, Gries, Imo & Weidner), sowie auf Methodik (Bubenhofer, Scharloth) und Werkzeuge (Dipper & Kwekkeboom, Kehrein & Vorberger, Draxler & Schiel, Schmidt) zur Gewinnung linguistischer Hypothesen und Erschließung linguistischen Wissens aus Korpora.