Gibt es so etwas wie ein wirklich nichtkoordinierendes Anion? Wäre es nicht großartig, jede verrückte, schöne oder einfach nur nützliche kationische Spezies herstellen zu können, sei es, weil sie einen gerade interessiert oder weil man sie vielleicht schon einmal im Massenspektrum entdeckt hat? Um dieses Ziel in kondensierter Phase zu erreichen, müssen die Zielkationen mit einem geeigneten Gegenion versehen werden – dies ist der Moment, bei dem häufig Schwierigkeiten auftreten und viele gute Ideen wegen einer Koordination oder Zersetzung des Anions im Abguss enden. Zur Lösung des Problems bietet sich womöglich eines der neuen schwach koordinierenden Anionen (WCAs) an, die Gegenstand dieses Aufsatzes sind. Vorgestellt werden neue Entwicklungen, Anwendungen, Ausgangsmaterialien und allgemeine Strategien zur Einführung von WCAs in ein System. Einige der ungewöhnlichen Eigenschaften von WCA‐Salzen wie hohe Löslichkeit in unpolaren Medien, Pseudo‐Gasphasenbedingungen in der kondensierten Phase oder die Stabilisierung von schwach gebundenen und niedrig geladenen Komplexen werden anhand thermodynamischer Betrachtungen plausibel gemacht. Die Grenzen bei der Verwendung von WCAs – durch Koordination und Zersetzung – werden aufgezeigt, und eine quantenchemische Analyse der WCA‐Typen wird vorgestellt. Dies ermöglicht es, die Entscheidung für ein spezielles WCA auf der Basis von harten quantitativen Daten aus einer Vielzahl von Anionen zu gründen.