Bei der Analyse der internationalen Beziehungen und der transnationalen Bewegungen haben sich einige zentrale Problemkreise herauskristallisiert, welche die europäischen Freimaurereien veranlaßten, grenzüberschreitende Gespräche zu führen oder sich ihnen aktiv zu entziehen. Auf diese Streitthemen fokussiert dieses dritte Hauptkapitel, das die sich verändernden Positionen und Konstellationen, jeweils in Beziehung zu den mit ihnen korrespondierenden außerfreimaurerischen Entwicklungen, herausarbeitet. Damit ein Thema Freimaurer grenzüberschreitend mobilisieren konnte, mußten sie sich (positiv oder negativ) damit identifizieren können und eine entsprechende Resonanz erwarten, wenn sie sich dazu äußerten -in der Hoffnung, entweder die eigene Position als Norm bestätigt zu sehen oder sich als marginalisierte Minderheit vor dem eigenen Publikum zu profilieren.1 Nach den Debatten über Ziele, Grundlagen und Methoden der Freimaurerei werden hier als internationale Streitthemen vertieft behandelt: Antiklerikalismus und Antimasonismus, Friede und Völkerverständigung, Europa und die (transatlantische) Welt, Ritualräume und Geschichtspolitik sowie Normen und Praktiken von Fürsorge und Herrschaft.Um 1900 teilte der »Grand Orient de France« Anträge an seine Vollversammlung in »études politiques et sociales« und in »voeux maçonniques« ein. Erstere umfassten alle gesellschaftlichen Bereiche, wie Bildungswesen, Strafrecht, Militärwesen oder Friedenssicherung. Zu letzteren zählten interne Angelegenheiten wie Rituale, Aufnahmebestimmungen, die örtliche und regionale Organisation oder die Beziehungen zu anderen Verbänden. Auf deutsch unterschied man zwischen »Außenarbeit« und »Innenarbeit«.2 Nur letztere galt den deutschen und englischen Freimaurereien als legitim. Sie verfolgten grosso modo ein gesellschaftliches »Umwegkonzept«:3 47 Dieses Verständnis kennzeichnet z.B. die Beiträge der von René Mélinette in Paris herausgegebenen Zeitschrift »La Truelle. Revue mensuelle de la franc-maçonnerie universelle«, von der lediglich