ZusammenfassungDer Beitrag geht einer Irritation in Interviews zum Thema „Willkommenskultur“ und Flüchtlingsunterstützung auf den Grund: Obgleich nicht danach gefragt, war die Häufigkeit von Äußerungen zu Religion und insbesondere zum Islam und Gegenüberstellungen zum Christentum auf Seiten derjenigen, die Geflüchtete unterstützen, auffällig. Engagierte teilten ihre Gedanken zu Gefahren durch den Islam, zu stark gelebtem Glauben und eine Abkapselung von der Mehrheitsgesellschaft. Die „eigene“ christliche Religion wurde viel positiver bewertet als der Islam. Negative Narrationen gegenüber dem Islam unter Engagierten können auf individueller Ebene zu paternalistischem Verhalten der Engagierten gegenüber den Geflüchteten führen und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene dazu, dass staatliche, wohlfahrtstaatliche sowie zivilgesellschaftliche Institutionen weniger mit muslimischen Vereinen und Institutionen zusammenarbeiten. In diesem Beitrag wird daher der Frage nachgegangen, wie es in einer vermeintlich säkularen deutschen Gesellschaft zu einer so unterschiedlichen Haltung gegenüber beiden Religionen kommen kann. Dazu wird auf historische Konfliktlinien und Diskurse zwischen Christentum und Islam verwiesen, die sich in Zusammenhang mit der jeweiligen Machtbalance zwischen ihren Anhänger:innen entwickelt haben. Die Überzeugungskraft solcher historisch unterfütterten und durch aktuelle, lokale Machtverhältnisse geprägten Überzeugungen – unter Menschen, die Geflüchtete nicht ablehnen, sondern diese unterstützen wollen – werden mit der Etablierten-Außenseiter-Theorie von Norbert Elias und John L. Scotson theoretisch eingeordnet. Demnach bestehen unbewusste Abwehrmechanismen gegenüber Neuankommenden in einer Gesellschaft.