ZusammenfassungDer Beginn der permanent genutzten Wasserbaulabore liegt ca. 125 Jahre zurück. In dieser Zeit konnten signifikante Fortschritte im Verständnis wasserbaulicher Fragestellungen und der mathematischen Beschreibung der verschiedensten Prozesse erzielt werden. Diese dienten dann als Basis für die steigende Nutzung numerischer Modelle, sodass die Bedeutung der physikalischen Modelle zurückzugehen schien. Es zeigte sich aber auch, dass vor allem Ansätze, die in sehr kleinen Modellmaßstäben entwickelt wurden, signifikante Unterschiede zur Natur ergeben können. Damit steigt die Bedeutung von großmaßstäblichen Versuchen bis zu 1:1, welche Turbulenz, kohärente Strukturen, Sedimenttransport, Morphodynamik, aber auch Maßnahmen in den Bereichen Wasserkraft, Schifffahrt oder Hochwasserrisikomanagement naturnäher abbilden können. Auch die Interaktion der Vegetation mit der Strömung oder dem Sedimenttransport, die Auswirkung von wasserbaulichen Maßnahmen auf Fische oder die Abdriftgefährdung von Menschen bei Hochwasser sind in kleinen Maßstäben gar nicht oder nur sehr eingeschränkt untersuchbar. Das neue BOKU Wasserbaulabor ermöglicht daher Versuche bis zu 1:1 über einen Freispiegeldurchfluss von bis zu 10 m3/s durch die Wasserspiegeldifferenz zwischen Donau und Donaukanal von 3 bis 3,5 m. Gemeinsam mit Modellversuchen in kleinerem Maßstab mit Klarwasser ergibt sich eine Skalenfamilie, die vertiefte Einblicke in Prozesse, aber auch deren mathematische Beschreibung erlaubt. Dieser Artikel stellt die Entwicklung des BOKU Wasserbaulabors von der Idee 2009 bis zur Umsetzung und Eröffnung 2023 dar und zeigt das Potenzial und erste Ergebnisse anhand von Beispielen auf, die in weiteren Beiträgen in diesem Heft erläutert werden.