ZusammenfassungDie sorgfältige Anamneseerhebung und die klinische Untersuchung bleiben nach wie vor die wichtigsten diagnostischen Säulen. In der Intensiv- und Notfallmedizin werden zahlreiche Laborparameter erhoben. Die Rate an übermäßigen Laboranordnungen während der Patientenaufnahme beträgt fast 50 %. Oft sind die anamnestischen Angaben unzureichend, um eine gezielte Labordiagnostik vorzunehmen. Die Sorge, etwas zu übersehen, führt auch zu einer erweiterten Diagnostik. Zur Vereinfachung der Behandlungsabläufe werden oft a priori festgelegte Laborprofile benutzt, die symptombezogen angeordnet sind. Zahlreiche Laborparameter sind bei kritisch kranken Patienten außerhalb des Normbereichs. Allerdings wird der Normbereich anhand der Daten gesunder Personen definiert, der jedoch eine klare Unterscheidung zwischen Stressadaptation und klinisch relevanten korrekturbedürftigen Störungen nicht erlaubt. Die pathophysiologischen Veränderungen in vielen Körperregionen infolge der akuten Schädigung, der Reaktion des Organismus und auch der Therapiemaßnahmen führen zu Veränderungen zahlreicher Laborparameter. Ziellose Laborentnahmen tragen zur iatrogenen Anämie und zum Kostenanstieg bei. Außerdem werden die Ergebnisse solcher Entnahmen entweder kaum wahrgenommen oder können im schlimmsten Fall weitere unnötige diagnostische Schritte bzw. eine nicht gerechtfertigte Therapiemaßnahme verursachen. Die Point-of-Care-Labordiagnostik zur Einschätzung der zellulären Homöostase, die die Blutgasanalyse, ein Blutbild sowie die Bestimmung der Serumelektrolyte und des Serumlaktats beinhaltet, sowie die Laborparameter zur Berechnung der intensivmedizinisch relevanten Scores sind einheitlich erforderlich. Darüber hinaus sollte jedoch die Labordiagnostik bezogen auf konkrete klinische Fragestellung klug gewählt werden.