Eingriffe von Fungiziden in die Mikrobiologie und Biochemie von Böden — eine Übersicht
Bereits im Jahre 1970 war das Fungizid Captan das in der Anwendung Dritthäufigste Pestizid in den U.S.A. Damit soll die zunehmende Bedeutung der Fungizide in der Pedosphäre betont werden und eine zusammenfassende Abwägung der verschiedenen Wirkungsweisen dieser Pestizide (a) auf die Besiedlungsdichte an Bodenpilzen, (b) auf die einzelnen Pilzarten in Böden, (c) auf die bakterielle Gesamtflora (heterotrophe und autotrophe Organismen) und (d) auf die Actinomyceten rechtfertigen.
Die Applikation von Fungiziden bewirkt häufig eine vorübergehende Gleichgewichtsstörung der Mikroflora. Wohl am stärksten reagieren die Pilze, einmal in einer starken Abnahme ihrer Gesamtdichte, zum anderen in einer Vermehrung bestimmter Gattungen (oft Trichoderma und Penicillium spp.). Unter den Bakterien sind es insbesondere die autotrophen Nitrifikanten (Nitrosomonas spp. und Nitrobacter spp.), welche empfindlich auf die Anwendung von Fungiziden reagieren. Die Hemmung der Nitrifikation macht sich vielfach in einer NH4‐Akkumulation bemerkbar. Gelegentlich auch können geringe Applikationsraten die Nitrifikation fördern. Aber auch die phosphatauflösenden Bakterien scheinen positiv beeinflußt zu werden, was sich in einer Zunahme der CaCl2‐löslichen Bodenphosphate niederschlug. Aber auch andere Kationen wie K und Mg können nach einer Fungizidbehandlung (Benomyl) besser pflanzenverfügbar werden.
Fungizide können darüberhinaus die Zersetzungsrate von Streustoffen signifikant beeinflussen, einmal durch Verminderung der zellulolytischen Pilzflora, zum anderen durch Schwächung der Enzymaktivitäten beim Abbau von Chitin, Zuckern, organischen Phosphaten und Harnstoff.
Schließlich scheinen Fungizide auch das Pflanzenwachstum zu fordern, und dies nicht nur durch Eliminierung von Pflanzenschädlingen. Demgegenüber steht die Beobachtung, daO die Rhizosphärenflora so in Mitleidenschaft gezogen werden kann, daB die pathogenen Organismen in ihrem Invasionsvermögen gestärkt werden.
Die langfristige Wirkung von Fungiziden auf Boden und ihre Eigenschaften ist durchaus noch lückenhaft. Wenig bekannt ist auch über die günstige bzw. ungünstige Wechselwirkung von Fungiziden mit anderen Pestiziden in Boden. Der steigenden Pestizidanwendung im Rahmen der Nahrungsmittelversorgung mus künftig ein verstärkter Informationsstrom über die Wirkungsweise und Auswirkungen dieser chemischen Mittel gegenüberstehen. Eine Integration und Auswertung dieser Erfahrungen und Kenntnisse ist dam dringend erforderlich.