Zusammenfassung
Studienziel Die Studie
beabsichtigt, die Perspektiven auf Resilienz nach der Flucht von
Geflüchteten und von unterstützenden Praxisakteur*innen
zu identifizieren (Ziel 1) und die Perspektiven beider Gruppen zueinander in
Beziehung zu setzen (Ziel 2), um die inhaltliche Tiefe des
Verständnisses von Postfluchtresilienz zu erweitern und Erkenntnisse
über Beziehungen zwischen Praxisakteur*innen und
Geflüchteten bereitzustellen.
Methodik Drei
semistrukturierte, leitfadengestützte Fokusgruppen mit
Geflüchteten (N=9) und Praxisakteur*innen (N=13)
zur Erfassung der Perspektiven beider Gruppen auf Resilienz nach der Flucht
wurden auf Deutsch durchgeführt. Sie wurden iterativ nach
Constructionist Grounded Theory ausgewertet.
Ergebnisse Geflüchtete und Praxisakteur*innen berichten
Belastungsfaktoren Unsicherheit und Begrenzung, Adaptionsprozesse
Gemeinschaftlichkeit und Anstrengung sowie die Adaptionsziele Stabilität,
Verbundenheit und positive Emotionalität (Ziel 1). Die Aussagen von
Geflüchteten und unterstützenden Praxisakteur*innen zu
Resilienz nach der Flucht stimmen inhaltlich stark überein und
ergänzen sich gegenseitig. Geflüchtete berichten individualisierter
und spezifischer als Praxisakteur*innen (Ziel 2).
Diskussion Die
Aspekte der Resilienz, die Geflüchtete und unterstützende
Praxisakteur*innen nennen, replizieren Ergebnisse vorhergehender
qualitativer Studien zu Postfluchtresilienz, welche mit Geflüchteten
durchgeführt wurden. Sowohl die Belastung, adäquate
Adaptionsmöglichkeiten vor Ort z.T. nicht zu kennen, als auch Versuche,
Resilienz-förderliche Bedingungen zu schaffen, könnten
spezifisch für die Resilienz von Geflüchteten sein. Die
inhaltlichen Übereinstimmungen zwischen Geflüchteten und
Praxisakteur*innen könnten durch Erfahrungen der
Praxisakteur*innen im Rahmen von Unterstützungsprozessen oder
durch ähnliche Lebenserfahrungen der Praxisakteur*innen bedingt
sein. Die weniger individualisierte Herangehensweise an Postfluchtresilienz der
Praxisakteur*innen könnte durch ein höheres
Abstraktionsniveau, Rollenerwartungen oder Umgang mit emotionaler Belastung
verursacht sein.
Schlussfolgerung Die Ergebnisse der Studie deuten
darauf hin, dass die Resilienz Geflüchteter durch universelle und
populationsspezifische Aspekte charakterisiert ist. Dass
Praxisakteur*innen, die Geflüchtete unterstützen und
Geflüchtete inhaltlich bezüglich der Resilienz nach der Flucht
übereinstimmen, validiert die Ergebnisse bisheriger qualitativer Studien
zu Resilienz nach der Flucht. Die Studie ermittelte darüber hinaus
unterschiedliche Herangehensweisen von Geflüchteten und
Praxisakteur*innen an Postfluchtresilienz, deren Verursachung weiterer
Forschung bedarf.