Zusammenfassung
Wie und warum kann das Singen von Befreiungsliedern politisch wirken? Wir zeigen, dass Befreiungslieder eine symbolisch relevante Zäsur, die die Bedeutung einer Situation verändert, herbeiführen, (disruption) oder auch nur einen fortdauernden Prozess unterbrechen können (interruption). Während erstere Wirkung auf die symbolische Macht von Liedern und ihrer Performance verweist und nur durch eine eingehende Beschäftigung mit ihren Bedeutungsebenen erfasst werden kann, verweist zweitere auf ihre strukturelle Macht als Klang oder Sound der auf eine Situation auditiv einwirkt. Wir argumentieren dementsprechend, dass ein interpretativer Ansatz, der die Affordanzen oder Bedeutungsebenen konkreter Performances erfasst, zentral ist, um die Wirkmächtigkeit von Musik als Ressource sozialer Bewegungen zu erklären. Zudem entkräftet unsere These, dass die politische Macht von Befreiungsliedern in ihrer performativen Wiederholung begründet liegt, essenzialisierende Herangehensweisen, die (implizit) annehmen, dass sich afrikanische Musikalität oder Musikalität in Afrika genuin von Musikalität andernorts unterscheide.