ZusammenfassungDie manuelle Medizin (MM) und die sich daraus entwickelte manuelle Therapie (MT) gehören zu den ältesten und traditionsreichsten Anwendungen im medizinisch-therapeutischen Bereich. Sie hat sich aus jahrhundertealten Anwendungen mit dominant mechanistisch-strukturellen Ansätzen zu einer eigenständigen und klinisch hoch differenzierten Therapieform entwickelt, welche gleichermaßen von Physiotherapeuten und Medizinern durchgeführt wird. Verschiedene Organisationen und Konzepte strukturieren sowohl die fachlich-inhaltliche Ausrichtung im Bereich der Physiotherapie, u. a. auf Basis des IFOMPT-Curriculums (International Federation of Orthopaedic Manipulative Physical Therapists), als auch die manualmedizinischen Schulen und Ausbildungsstätten für Ärzte. Dabei zeigen sich sowohl Überschneidungen als auch Abgrenzungen, vor dem Hintergrund des gesetzlich vorgegebenen Tätigkeitsfelds, in den angewandten Techniken und Interventionen. Neben der Entwicklung der einzelnen Konzepte und Lehren zur MM bzw. MT hat sich die Hands-on-Anwendung auch wissenschaftlich weiterentwickelt. Die Frage nach Wirkungsnachweis auf klinisch-experimenteller Ebene und auch aus grundlagenwissenschaftlicher Sicht sorgten v. a. im letzten Jahrzehnt für eine kritische Auseinandersetzung bezüglich der Wirkmechanismen, Effekte und tatsächlichen Indikationen. Mechanisch-strukturalistische Gedanken wurden um neurobiologische, immunologische und psychologisch-affektive Überlegungen und Belege dazu erweitert und liefern einen wesentlichen Beitrag zur zukünftigen Entwicklung der MM und der MT, um somit eine weitere kritische Auseinandersetzung zu gewährleisten.