Zusammenfassung Die forensische Psychiatrie sieht sich mit einem neuen Phänomen der Internetsexualdelinquenz konfrontiert, dem "webcam child sexual abuse" (WCSA), der mittels des Internets erfolgenden Anstiftung zur sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen. Der Begriff umfasst jegliche Form sexueller Ausbeutung von Minderjährigen per Internet-Livestream, wobei das Spektrum der übertragenen Handlungen vom Posieren bis hin zu sexuell-sadistischen Übergriffen reicht. Während Schätzungen des Kinderhilfswerkes Terre des Hommes seit 2009 auf eine hohe Prävalenz solcher Handlungen verweisen, stieg die Zahl der Verurteilungen wegen WCSA erst in den letzten Jahren an. Die Anonymität des Internets und das weitgehende Fehlen von Datenspuren erschweren nicht nur die Überführung der Täter, sondern bergen auch Herausforderungen für die forensisch-psychiatrische Begutachtung. Anhand von WCSA-Fällen in der hiesigen Gutachtenstelle erfolgen Überlegungen zur kriminologischen Einordnung der Tathandlungen sowie zu Herausforderungen im Rahmen des Begutachtungsprozesses. Mithilfe einer idealtypischen Kasuistik werden Hypothesen zur Fallkonzeption gebildet und daraus Empfehlungen für die diagnostische Einordnung, Beurteilung der Einsichts-und Steuerungsfähigkeit, Prognose und Behandlung abgeleitet.