ZusammenfassungEin 62-jähriger Patient mit Asthma bronchiale und chronischer Rhinosinusitis unterzog sich einer Leistenhernien-OP. Nach der Operation kam es plötzlich zu einem reanimationspflichtigen Kreislaufstillstand. Koronarangiografisch zeigte sich eine 99 %ige proximale RCA-Stenose bei ansonsten unauffälligen und glattwandigen Koronarien. Im Verlauf kam es wiederholt zu ähnlichen Ereignissen, jetzt jedoch ohne Korrelat in der Koronarangiografie. Echokardiografisch zeigte sich initial eine LVEF von 45 %. Es bestanden bipulmonale Infiltrate im Röntgen-Thorax und eine schwere periphere Eosinophilie (37 %). Die serologische Diagnostik inkl. ANA, ENA und c-/p-ANCA blieb ohne Nachweis von Antikörpern. Eine Knochenmarkspunktion zeigte keine Hinweise auf eine myeloproliferative Erkrankung. Der Patient klagte über zunehmende Schwäche, Gewichtsverlust und Belastungsdyspnoe. Ein Methylprednisolon-Puls (250 mg/Tag über 3 Tage) zeigte keinen wesentlichen Effekt, sodass der Patient schließlich bei zunehmender klinischer Verschlechterung in unsere Universitätsklinik verlegt wurde. Bei Übernahme sahen wir einen abgeschlagenen Patienten mit progredienter Muskelatrophie und Belastungsdyspnoe. Klinisch zeigte sich eine rechtsseitige Peroneusparese. In der BAL zeigte sich eine schwere eosinophile Alveolitis (37 %). Laborchemisch zeigten sich Herzenzyme und NT-proBNP stark erhöht (Troponin-T > 700 ng/l, NT-proBNP > 10,000 ng/l). In der Echokardiografie fand sich eine dramatische Verschlechterung der Pumpfunktion (LVEF 16 %). Eine interdisziplinäre Falldiskussion zwischen Kardiologen und Pneumologen war schließlich der Schlüssel zur Diagnose einer ANCA-negativen eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) mit pulmonaler und kardialer Beteiligung. Nach Einleitung einer immunsuppressiven Therapie mit erneutem Methylprednisolon-Puls (1000 mg/Tag über 3 Tage) und anschließender Cyclophosphamid-Therapie (6 Pulse im 4-wöchigen Intervall) gestaltete sich der Verlauf erfreulich mit klinischer Beschwerdefreiheit, vollständiger Regredienz der pulmonalen Infiltrationen und deutlicher Erholung der kardialen Pumpfunktion (LVEF 47 %).
Fazit ANCA-Positivität ist zur Diagnosestellung einer EGPA nicht erforderlich. Diese weisen nur 30 – 70 % der EGPA-Patienten auf, v. a. bei neurologischer und/oder renaler, seltener bei pulmonaler und/oder kardialer Beteiligung, was einen Fallstrick bei der Diagnosestellung darstellen kann. Die Induktionstherapie mit Cyclophosphamid stellt bei steroidrefraktärem Verlauf mit vital bedrohlicher Organbeteiligung die Therapie der Wahl dar.