ZusammenfassungHäusliche Pflege wird auch heute noch überwiegend von Frauen geleistet. Der Gender-Gap lag 2019 in Deutschland bei 52,4 %. Lässt sich diese Praxis rational rechtfertigen? Vom Standpunkt eines rationalistischen ethischen Feminismus’ und am Beispiel einer pflegenden Tochter (Abschnitt 1) diskutiert der Essay drei mögliche Argumente (Abschnitte 2, 3, 5). Zunächst wird gezeigt, dass das weibliche Geschlecht kein rationaler Grund zur Begründung von Pflichten ist (Abschnitt 2). Gegen das nicht geschlechtsspezifische, aber dafür überzeugendere Argument des moralischen Werts häuslicher Pflege (Abschnitt 3) wird das Argument der Supererogation (Abschnitt 4) ins Spiel gebracht, weil es rationale Gründe geben kann, aus denen häusliche Pflege vernünftigerweise keine Pflicht, sondern moralisch freiwillige Supererogation sein sollte. Ein nächster Abschnitt erläutert, warum sich nicht per se schließen lässt, dass häusliche Pflege besonders verdienstvolle Supererogation wäre, wenn sie keine Pflicht ist (Abschnitt 5). Im letzten Abschnitt werden einige weiterführende Überlegungen für die Supererogationsforschung und die moralische Praxis angestellt.