ZusammenfassungIn der Langzeitbetreuung von Menschen mit Demenz finden kommunikative Handlungen, die das Potenzial haben, Menschen mit Demenz zu täuschen, auf der Seite des Personals eine unterschiedliche Akzeptanz. Bushaltestellen, an denen kein Bus fährt, falsche Zugabteile, in denen ein Film die vorbeiziehende Landschaft simuliert, das Verstecken von Medikamenten in Nahrungsmitteln sind Interventionen, die Menschen in die Irre führen können, ohne ihnen tatsächlich falsche Informationen zu geben. Derartige kommunikative Praktiken wie Täuschungen, aber auch Lügen, definiert als absichtlich mitgeteilte irreführende Nachrichten, werfen die Frage auf, wie sie ethisch begründet werden können. Anhand einer fiktiven Fallschilderung, in dem eine Pflegeheimbewohnerin mit Hilfe eines vorgetäuschten Telefonanrufs daran gehindert wird, das Heim zu verlassen, zeige ich, dass die Täuschung, als eine von drei möglichen Handlungsoptionen, aus der Fürsorgeperspektive positiv bewertet werden kann, da die Bewohnerin ohne Zwang am Verlassen des Heimes gehindert wird. Das Prinzip der Autonomie aber wird verletzt, da die Bewohnerin nicht frei zwischen der Täuschung und der Realität wählen kann. Hinsichtlich der Verpflichtung gegenüber Dritten ist die Täuschung problematisch, da orientierte Bewohner und Bewohnerinnen die Szene beobachten und befürchten könnten, sie würden ebenfalls getäuscht. Die Synthese der verschiedenen Argumente zeigt, dass ein Spaziergang in Verbindung mit einem validierenden Gespräch als weitere Handlungsoption die Prinzipien der Fürsorge und Autonomie in Einklang bringt, aber aufgrund des Zeitaufwands das Risiko einer ungerechten Verteilung der Pflegeressourcen birgt.