Die deutschen Hochschulen stehen bei der inklusionspädagogischen Qualifizierung von Lehrkräften vor großen Herausforderungen. Bisher liegen für diesen Bereich im deutschsprachigen Raum nur vereinzelte Kompetenzmodelle und Standards vor, an denen sich Hochschulen bei der Entwicklung von Studiengängen orientieren können. Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Beitrag untersucht, welches Kompetenzprofil einer Lehrkraft im inklusiven Setting sich abzeichnet, wenn man Modulhandbücher (MHB) von inklusionspädagogisch ausgerichteten Lehramtsstudiengängen analysiert. Untersucht werden die MHB von acht Studiengängen mit einer weitgehenden Verschränkung regel- und sonderschulpädagogischer Anteile an vier deutschen Universitätsstandorten. Als Vergleichsmaßstab wird hierbei das Kompetenzprofil der European Agency for Development in Special Needs Education (2012) zugrunde gelegt, weil es einen vergleichsweise hohen Differenzierungsgrad aufweist. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die in den MHB beschriebenen Kompetenzen vorrangig auf zwei der vier vorhandenen Werte im Kompetenzprofil der European Agency beziehen. Kompetenzbereiche innerhalb des Wertes Zusammenarbeit mit anderen und innerhalb des Wertes der persönlichen beruflichen Weiterentwicklung finden sich im Vergleich zu den Werten Wertschätzung der Vielfalt der Lernenden und Unterstützung aller Lernenden vergleichsweise selten. Mit Blick auf die Kompetenzdimensionen der European Agency (Wissen, Einstellungen, Fähigkeiten & Fertigkeiten) werden in den MHB insbesondere wissensbezogene Kompetenzdimensionen adressiert und seltener Fertigkeiten sowie Einstellungen. Diese und weitere Befunde werden vor dem Hintergrund der spezifischen Bedingungen der Lehrerbildung in Deutschland und dem Forschungsstand zu inklusionspädagogischen Lehrerkompetenzen innerhalb der GrundschullehrerInnenbildung diskutiert. Darüber hinaus werden Empfehlungen für eine inklusionspädagogisch ausgerichtete Curriculumentwicklung formuliert.Abstract
German universities are faced with great challenges in qualifying teachers for inclusive education at schools. So far, there are only very few competency models and standards in the German-speaking regions that can serve as a theoretical basis for the development of appropriate study programs. In the present paper, study module descriptions of eight inclusive teacher training programs at four universities in Germany were analyzed to draw conclusions about the underlying competency profiles of teachers in inclusive education. The chosen teacher training programs are characterized by a special combination of regular school education and special needs education. Because of its high degree of differentiation, the profile of inclusive teachers of the European Agency for Development in Special Needs Education (2012) is applied as a benchmark in the analyses. The results show that the competencies described in the module descriptions mainly refer to two of the four core values of the competence profiles defined by the European Agency. Areas of competences within the core values of working with others and personal professional development are seldom part of the programs. This is especially true in comparison to the core values valuing learner diversity and supporting all learners. The module descriptions address mainly knowledge-based skills and hardly include skills related to educational practice, attitudes, or beliefs. The results are discussed with regard to the specifics of teacher training in Germany and the current state of research concerning inclusive education and teacher training for primary schools. In addition, suggestions for the formulation of a curriculum that is focused on inclusive education are given.