ZusammenfassungKratom ist ein immergrüner Baum, der in Südostasien heimisch ist
und dessen Blätter traditionell als Stimulans, als Therapie bei
verschiedenen gesundheitlichen Problemen und zu religiösen Zwecken
verwendet werden. Insbesondere in den USA (geringer auch in Europa) wird seit
einigen Jahren eine relevante Prävalenz des Kratomkonsums beobachtet. In
westlichen Ländern wird Kratom überwiegend als Analgetikum und
Stimulans, zur Behandlung von Schmerzen und Opioidgebrauchsstörungen und
zur günstigen Beeinflussung der psychischen Gesundheit (z. B.
bei Depression, Angststörungen) verwendet. Die chemischen
Hauptbestandteile von Kratom sind Alkaloide, von denen Mitragynin und
7-Hydroxymitragynin am bedeutsamsten erscheinen. Die Pharmakodynamik und
-kinetik von Kratom sind komplex und unzureichend untersucht. Bekannt ist, dass
Mitragynin und 7-Hydroxymitragynin Partialagonisten an humanen
μ-Opioidrezeptoren und Antagonisten an κ- und
δ-Opioidrezeptoren bei zusätzlichen Effekten an weiteren
zentralen Rezeptoren sind. Die Verträglichkeit von Kratom scheint im
Vergleich mit klassischen Opioiden besser zu sein, was mit fehlenden Effekten
von Kratom auf β-Arrestin in Verbindung gebracht und als Ausgangspunkt
für die Entwicklung besser verträglicher Opioide diskutiert
wurde. Einige Alkaloide in Kratom sind Inhibitoren von CYP2D6, geringer auch
CYP2C19 und CYP3A4. Das Abhängigkeitspotential von Kratom scheint
geringer ausgeprägt zu sein als das von klassischen Opioiden, wobei die
Datenlage dazu begrenzt ist und Kratomgebrauchsstörungen primär
in westlichen Längern auftreten. Es sind zahlreiche Fälle von
schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen und Todesfälle im
Zusammenhang mit Kratomkonsum in den USA bekannt, wobei in diesen Fällen
meist mehrere Substanzen involviert waren. Kratomkonsum ist vermutlich mit
hepatotoxischen und kardiotoxischen Effekten assoziiert. Kratom-assoziierte
Morbidität und Mortalität unterscheiden sich zwischen westlichen
Ländern und Südostasien, wo Kratomkonsum kein
öffentliches Gesundheitsproblem darstellt, quantitativ erheblich. Als
Gründe hierfür wurden der in westlichen Ländern
verbreitete Mischkonsum, höhere Dosierungen konsumierten Kratoms,
Verfälschungen und Verunreinigungen kommerziell erhältlicher
Kratomprodukte in westlichen Ländern, pharmakokinetische Interaktionen
und höhere Konzentrationen von 7-Hydroxymitragynin in getrockneten
Kratomblättern (die typischerweise in westlichen Ländern
konsumiert werden) im Vergleich mit frischen Blättern (die
typischerweise in Südostasien konsumiert werden) genannt.