Legitimationsprobleme in der Erwerbsarbeit

Abstract

The second, revised edition of this book, which has now been expanded to include an afterword, reveals that employees’ expectations of fairness and rationality when it comes to gainful employment are diverse and deeply rooted in their experiences with work and companies. Basing their findings on the results of an extensive qualitative empirical study of service providers and industrial companies, the authors show how such expectations result in permanent evaluation and comparisons by those employees and what kinds of problems and conflicts this can cause in terms of their own legitimacy and fairness. The range of their expectations encompasses moral expectations relating to performance-related equity, participation, personal fulfilment, welfare and dignity, which are connected to their technical and functional, bureaucratic and economic expectations relating to rationality. Their typical expectation patterns have little to do with the so-called ‘new spirit of capitalism’ or neo-liberal entrepreneurialism, but indicate both sustainability and the blurring of labour standards which fall within the parameters of normal working relationships and professional ethics. If employees’ expectations are not met, this can lead to legitimacy crises and to them actively fighting for their own interests. At the same time, evidence of delegitimisation can also be found: they lower their normative expectations of gainful employment.

Arbeitspolitischer Pragmatismus

“…Neuere Befunde legen nahe, dass für das Handeln der Beschäftigten Anerkennung seitens des Betriebs sowie Reziprozitätserwartungen zwischen den eigenen und betrieblichen Leistungen bedeutsam sind (Holtgrewe et al 2000;Voswinkel 2005;. Kratzer et al (2015) rekonstruierten in einer breit angelegten Studie über Anspruchsmuster und Rationalitätsvorstellungen ein Spektrum "aktueller" Ansprüche, die im Denken und Arbeitshandeln der Beschäftigten zum Ausdruck kommen: Leistungsgerechtigkeit, Fürsorge, Selbstverwirklichung, Beteiligung und Würde sowie Rationalitätsvorstellungen, die sich auf technisch-funktionale, bürokratische und ökonomische Vorstellungen von Arbeit beziehen. Durch die Hebung der normativen Ansprüche und Legitimitätsvorstellungen machen Kratzer et al (2015) deutlich, dass in den Orientierungen der Beschäftigten bestimmte normative Wertvorstellungen und Ansprüche zum Tragen kommen, die über ein Handeln als reinen Austausch von Leistungen zwischen Betrieb und Beschäftigten oder als einseitige Nutzenmaximierung hinausgehen.…”

“…realen Erfahrungen seien mit dem Lohnarbeiterbewusstsein verbunden, dass Beschäftigte letztlich die Folgen von Rationalisierungsmaßnahmen tragen müssen, und führten dazu, dass Beschäftigte die Haltung des arbeitspolitischen Konservativismus einnehmen. Andererseits erwachsen Hinderungsgründe daraus, dass Beschäftigte im Arbeitsalltag zu wenig ernstgenommen und ihre Optimierungsideen nicht oder zu langsam umgesetzt werden sowie daraus, dass die Beschäftigten zu wenig Informationen über Kosten und Planungsaktivitäten des Betriebs haben (Kuhlmann et al 2004;Schwarz-Kocher et al 2012;Kratzer et al 2015). 33 Tatsächlich lassen sich pauschale Aussagen über Reaktionen oder Aneignungsformen von KVP nicht ohne die Berücksichtigung der betrieblichen Bedingungen und KVP-Praktiken treffen.…”

“…Durch das Ernst-genommen-Werden und die kooperativen Beziehung zu anderen betrieblichen Gruppen fühlten Beschäftigte sich in ihrer sozialen Stellung im Betrieb aufgewertet. Unter diesen Bedingungen betrachten sehr aktive Beschäftigte Optimierungsaufgaben als selbstverständlichen Teil des eigenen Aufgabenverständnisses (Gerst 2004;Kratzer et al 2015), welches sie unter Umständen auch gegen die Interessen von Kollegen durchsetzen (Kratzer et al 2015). Häufig kritisierten Beschäftigte eine Pseudo-Beteiligung, bei der sie zwar rhetorisch aufgefordert werden, an Optimierungen mitzuwirken, die betrieblichen Umsetzung aber so gestaltet ist, dass eine echte Beteiligung nicht möglich ist bzw.…”

“…Anerkennung bzw. Missachtung verknüpft sich besonders in sozialkommunikativer Hinsicht mit normativen und moralischen Wertvorstellungen, wie geteilten Vorstellungen eines würdevollen und "menschengerechten" Umgangs miteinander (Kratzer et al 2015;Hürtgen/Voswinkel 2016). Nach Kratzer et al (2015) handelt es sich bei dem Anspruch, mit Würde und Respekt ("Würdeprinzip") behandelt zu werden, "um einen generalistischen Anspruch auf Wahrung körperlicher und seelischer Unversehrtheit, auf Einhaltung angemessener Distanz gegenüber der Person, basaler Normen der Höflichkeit und des ‚Anstands', auf Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse" (99).…”

“…Verletzungen der Ansprüche können zu Konflikten auf gesellschaftlicher und betrieblicher Ebene führen -mit oben beschriebenen Folgen. Darüber hinaus verweist die Studie von Kratzer et al (2015) auf drei Rationalitätsansprüche, die sich direkt auf die Organisation von Arbeit und Verwertungsprozesse beziehen: Als technisch-funktionale Rationalität werden Vorstellungen gefasst, sie sich auf die stofflichen Bedingungen des Produktionsprozesses (Herstellungsprozess, Ablauf, Kooperationserfordernisse) unter dem Aspekt der Funktionalität und Effektivität beziehen. Bürokratische Rationalität bezeichnet die Orientierung an Verfahrensweisen, Regeln und Hierarchien.…”