Das Nachdenken über Strukturveränderungen von Öffentlichkeit ist in der Kommunikationswissenschaft wie der Soziologie üblicherweise stark an Theorien moderner Gesellschaften geknüpft. Der von Habermas (1962) beschriebene Strukturwandel hin zu einer bürgerlichen Öffentlichkeit steht zum Beispiel in der Tradition der Kritischen Theorie einer bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft; und systemtheoretische Konzeptionen etwa von Publizistik (Marcinkowski 1993) und Öffentlichkeit (Kohring 2006) sind in der Theorie funktional-differenzierter Gesellschaften in der Tradition von Parsons (1971) und Luhmann (1984) verankert. Kurt Imhof zufolge ist eine solche gesellschaftstheoretische Fundierung von Öffentlichkeitstheorie auch geboten, da Gesellschaft jenen normativen und strukturellen Referenzrahmen liefere, auf den bezogen sich Öffentlichkeit entfalte (Imhof 2003a). Umgekehrt seien Gesellschaft und ihr Wandel nur anhand von Öffentlichkeit und öffentlicher Kommunikation beobachtbar (Imhof 2003b). Öffentlichkeitstheoretische Fragestellungen und Probleme waren für ihn deshalb immer eng mit Theorien moderner Gesellschaften verknüpft (Imhof 2008). Auch die Diskussion um einen erneuten Strukturwandel von Öffentlichkeit im Zeichen der Digitalisierung weist häufig gesellschaftstheoretische Bezüge auf. Die zentrale Rolle insbesondere des Internets bei der Eröffnung und Ausweitung politischer Partizipationsmöglichkeiten wurde etwa im Rahmen von Theorien zur "Netzwerkgesellschaft" (Castells 2001) und "Netzwerköffentlichkeit" (Neuberger 2014) ausgearbeitet; die "Plattformisierung" öffentlicher Kommunikation (Eisenegger 2017) wurde in Arbeiten zur "Platform Society" (van Dijck et al. 2018) und zum "Platform Capitalism" (Srnicek 2016) behandelt; und auch die Transformationsprozesse der Digitalisierung, Datafizierung und Algorithmisierung wurden aus systemtheoretischer Perspektive bereits erörtert (Baecker 2007(Baecker , 2018.Dieser Beitrag möchte die gesellschaftstheoretisch fundierte Diskussion des neuen Strukturwandels der Öffentlichkeit fortführen und dabei einen neuen Ansatz aufgreifen, der von dem Kultursoziologen Andreas Reckwitz (2017a) unter dem Titel "Die Gesellschaft der Singularitäten -Zum Strukturwandel der Moderne"