ZusammenfassungMit der Studie wird bezweckt, ausgehend von Beschreibungen und Begründungen von Lehrkräften zu ihrem Umgang mit Mehrsprachigkeit potenziell linguizistische Überzeugungen aufzudecken, um Strukturen sichtbar zu machen, die sich möglicherweise benachteiligend auf mehrsprachige Kinder auswirken. Dazu wurden qualitative, vignettenbasierte Interviews der DFG-geförderten BLUME II-Vignettenstudie mit 43 berufstätigen Grundschullehrkräften ausgewertet. Die inhaltsanalytische Auswertung ergab acht zentrale Themen, die zu vier Legitimationen verdichtet wurden, mit denen das Exkludieren von Familiensprachen begründet wird: Die Lehrkräfte legitimieren den Ausschluss von Familiensprachen im Unterricht mit den eigenen begrenzten oder nicht vorhandenen sprachlichen Kompetenzen. Weiterhin legitimieren die Lehrkräfte mehrsprachige Kinder aus der Unterrichtsplanung auszuschließen mit der Vielfältigkeit der Familiensprachen innerhalb der Klasse und indem sie das Beherrschen des Deutschen als Voraussetzung für erfolgreiche, soziale Integration sehen. Als weitere Legitimation werden Sprachverbote benannt, denen sich die Lehrkräfte größtenteils verpflichtet fühlen. Auffällig sind bei der Beschreibung der Ergebnisse die vielen sprachbezogenen Defizitzuschreibungen und dass es sich bei allen Legitimierungen um Externalisierungen handelt. Die Ergebnisse verweisen auf die Schlüsselrolle von Grundschullehrkräften in der Reproduktion sprachbezogener Diskriminierung und regen dazu an, subjektive Begründungen und Argumentationsmuster für potenziell linguizistische Praktiken im Grundschulalltag kritisch zu hinterfragen, um besser zu verstehen, wie sprachbezogene Diskriminierung verhindert werden kann.