Arbeitgeberverbände in der Metall- und Elektroindustrie (M+E) haben in den 1990er Jahren begonnen, Verbände und Mitgliedschaften ohne Tarifbindung (OT) einzuführen. Der Beitrag fragt unter Berücksichtigung zentraler theoretischer Erklärungsmodelle, inwiefern sich diese Strategie stabilisierend oder destabilisierend auf das Tarifsystem auswirkt. Neben einer regionalen Betrachtung der Entwicklung und Struktur der OT-Optionen bilden eine Auswertung von Expertinnen- und Experteninterviews mit M+E-Arbeitgeberverbänden sowie eine Unternehmensbefragung die Grundlage der Untersuchung. Während Arbeitgeber die Vorteile des Flächentarifvertrags grundsätzlich schätzen, ist die Akzeptanz von zentralen Regelungen (Entgelthöhe, Arbeitszeitvolumen) gesunken. Aus Verbandssicht erscheinen OT-Strukturen daher notwendig, um vor allem KMU weiterhin organisieren zu können. Seit Mitte der 2000er Jahre hat sich der tarifliche Deckungsgrad der Beschäftigten in der M+E-Industrie stabilisiert. In Verbindung mit Öffnungsklauseln führt OT jedoch auch zu einer fortschreitenden Flexibilisierung und Differenzierung innerhalb des Tarifsystems. In einigen Tarifregionen wird OT auch als strategisches Druckmittel zur Disziplinierung der IG Metall eingesetzt. Bislang waren die Tarifpartner insbesondere in Krisenzeiten zwar in der Lage zu pragmatischen Einigungen zu gelangen. Allerdings deuten die beidseitig stärker konfligierenden Strategien dabei auf eine Stabilisierung auf tönernen Füßen hin.