Gegen den europäischen Mainstream war die originäre Zielsetzung der in den 2000er Jahren in Österreich verhandelten Sozialhilfereform eine einheitliche und armutsfeste Leistung zu schaffen. Die inhaltliche Ausgestaltung der im Jahr 2010 beschlossenen Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) erfüllte diese Bestrebungen jedoch schlussendlich nicht. Der Beitrag analysiert den gegenständlichen Prozess ausgehend vom bis in die 1980er Jahre zurückgehenden und sich wiederholt wandelnden Agendasetting bis zum Beschluss im Nationalrat im Jahr 2010. Als zentral kristallisiert sich dabei, vor dem Hintergrund unterschiedlicher theoretischer Erklärungsansätze, die sich mehrfach verändernde strategische und inhaltliche Positionierung der Sozialdemokratischen Partei (SPÖ) heraus. Ungeachtet dessen, dass ein Eintreten für vergleichsweise generöse Mindestsicherungsleistungen bei politischen AkteurInnen, die ein breites WählerInnenspektrum anzusprechen versuchen, generell eher unwahrscheinlich ist, wird am österreichischen Fall ersichtlich, dass sozialdemokratische Parteien – unter bestimmten „günstigen" Rahmenbedingungen und mobilisiert von individuellen AkteurInnen – auch proaktiv die Interessen von (potentiellen) MindestsicherungsbezieherInnen und damit von so genannten „Outsidern" vertreten. Ändert sich der Kontext jedoch in eine Richtung, die ein solches Engagement aus strategischen Überlegungen heraus fragwürdig erscheinen lässt, so besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, vom ursprünglichen Kurs bzw. der früheren Argumentationsbasis abzurücken. Letzteres erleichtert es anderen politischen Kräften wiederum die gegenständliche Debatte dominant in einen gänzlich anderen inhaltlichen Rahmen, im gegenständlichen Fall jenen von „Sozialmissbrauch und Leistungsgerechtigkeit", zu verschieben.