Während die meisten Kinder zu einer sicheren und selbstverständlichen Beherrschung der Schriftsprache gelangen, haben ca. 3 -8 % der Kinder erhebliche Probleme beim Erlernen des Lesens und/oder der Rechtschreibung. Wir benutzen im Folgenden Lese-Rechtschreibstörung (LRS) als Bezeichnung statt der Begriffe Legasthenie, Dyslexie oder Lese-Rechtschreibschwäche. Die LRS ist eine der häufigsten umschriebenen Entwicklungsstörungen [1 -4]. Soziale Auswirkung. Kinder mit LRS zeigen z. B. ein stark verlangsamtes Lesetempo, machen häufiger Fehler beim Lesen, haben oft ein unzureichendes Textverständnis und Probleme in der Rechtschreibung. Betroffene Kinder werden ohne geeignete Interventionen in ihrer kognitiven, psychischen und sozialen Entwicklung behindert. Die Lese-und Schreibfähigkeit ist Grundlage des Lernens in der Schulbildung, ein substanzieller Teil des Wissens und der Fähigkeiten wird über die geschriebene Sprache vermittelt und die Lernleistungsüberprüfungen finden größtenteils schriftlich statt. Lern-und Leistungsdefizite haben Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen, auf die schulische Integration, auf das Familiensystem und auf den sozialen und beruflichen Erfolg. Günstiger Zeitpunkt der Interventionen. Interventionen auf schulischer und therapeutischer Ebene sind besonders dann wirksam, wenn sie erfolgen, bevor es zu Lernlücken, Motivationsverlust und einem veränderten Selbstkonzept kommt, idealerweise im 1. Schuljahr. Ohne sonderpädagogische Maßnahmen und pädagogisches Wissen über die Lernschwächen und -stärken dieser Kinder ist die Entwicklung sekundärer Störungen wie Schulangst, Verhaltensstörungen und psychosomatischer Symptome auf dem Boden chronischer Misserfolgserfahrungen häufig. AWMF-Leitlinien. Die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaft (AWMF) zu Lese-und/oder Rechtschreibstörungen sind 2015 von einer Expertengruppe unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Kinderund Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychothe-