ZusammenfassungDieser Beitrag gibt einen Überblick über den Kenntnisstand zu den
Mechanismen der Schmerzentstehung im Gelenk. Er fokussiert sich auf den Vorgang
der Nozizeption in nozizeptiven Nervenfasern des Gelenks und stellt dar, wie
Krankheitsprozesse im Gelenk auf Nozizeptoren wirken. Während
Nozizeptoren im normalen Gelenk eine hohe Erregungsschwelle besitzen und nur
durch hochintensive Reize aktiviert werden, kommt es bei Gelenkerkrankungen
häufig zu einer Sensibilisierung dieser Nervenfasern, sodass sie bereits
auf leichte Reize (Bewegungen, Palpation) ansprechen und nach zentraler
Verarbeitung Schmerzempfindungen auslösen. Eine Sensibilisierung wird
meistens durch Entzündungsmediatoren ausgelöst, für die
die Nozizeptoren Rezeptoren besitzen. Werden Nervenfasern im Erkrankungsprozess
geschädigt, können neuropathische Schmerzmechanismen
hinzukommen. Chronische Gelenkerkrankungen sind durch entzündliche und
destruktive Prozesse charakterisiert. Sowohl bei primären Arthritiden
als auch bei Arthrosen sind entzündliche Prozesse für die
Sensibilisierung der Nozizeptoren verantwortlich. Dafür werden neben den
Prostaglandinen auch proinflammatorische Zytokine und der Nervenwachstumsfaktor
(NGF) verantwortlich gemacht, für die viele Nozizeptoren Rezeptoren
exprimieren. Demgemäß sind diese Moleküle auch Target
innovativer Schmerztherapien, z. B. die Gabe von Antikörpern
gegen NGF bei Arthrose. Besonders für die Neutralisation von TNF ist ein
direkt schmerzlindernder Effekt nachgewiesen, der aus der Unterbrechung von
nozizeptiven Vorgängen am Nozizeptor resultiert. Der direkte
pronozizeptive Effekt der Zytokine und Bindungsstellen für Fc-Fragmente
von Antikörpern an Nozizeptoren zeigen, dass Immunmechanismen auch
für die Schmerzentstehung große Bedeutung haben. Auch
destruktive Gelenkprozesse können Schmerzen verursachen. So kann bereits
die Osteoklastenaktivität im präklinischen Stadium einer
Arthritis Schmerzen verursachen, und nach Ausbruch der Arthritis tragen
Destruktionsprozesse zu Schmerzen bei. Inwieweit die Hemmung der
Osteoklastenaktivität Gelenkschmerzen lindert, wird derzeit erforscht.
Auch weitere neue Ansätze, peripher wirksame Opioide, Cannabinoide und
Ionenkanalblocker werden dargestellt. Schließlich geht der Beitrag auf
generelle/systemische Faktoren ein, die Krankheitsprozesse im Gelenk und
die Schmerzentstehung beeinflussen. Hier wird in erster Linie die Bedeutung des
Diabetes mellitus angesprochen. Diese Stoffwechselerkrankung stellt einen
Risikofaktor für die Entwicklung von Arthrosen dar, und sie
trägt zur Schmerzintensivierung bei. Dabei können
verstärkte Entzündungsprozesse und auch neuropathische
Schmerzkomponenten beteiligt sein.