In zahlreichen Übersichtsarbeiten sind Modelle zusammengestellt, die erklären, warum die beiden wesentlichen Gruppen molekularer Bausteine des Lebens, die proteinogenen Aminosäuren und die Ribose-/Desoxyriboseeinheiten in den Nucleinsäuren, nur Elemente mit gleichem Chiralitätssinn enthalten. [1] Die konkurrierende Autokatalyse, die asymmetrische Adsorption sowie der Symmetriebruch durch Kristallisation gehören zu den ¹abiotischenª Erklärungsversuchen, nach denen die Homochiralität der Biomoleküle letztlich ein zufälliges Ergebnis ist. Das Grundprinzip der alternativen determinierten Mechanismen ist eine externe physikalische Wechselwirkung, die trotz optisch inaktiver Ausgangsstoffe enantiomerenangereicherte Produkte zugänglich macht oder eine bereits im Molekül vorhandene intrinsische Chiralität nutzt. Typische Beispiele dafür sind die Photochemie mit circular polarisiertem Licht ± entweder als asymmetrische Zerstörung, Photoderacemisierung oder asymmetrische Synthese ± und die aus den paritätsverletzenden elektroschwachen Wechselwirkungen resultierende Energiedifferenz zwischen Molekülen, die üblicherweise als Enantiomere betrachtet werden. Hier werden neue Ergebnisse zur Energiedifferenz zwischen Enantiomeren sowie zur asymmetrischen Autokatalyse als Amplifizierungsmodell diskutiert.Seit der Vorhersage und der experimentellen Bestätigung, dass die schwache Wechselwirkung ± verantwortlich für den b-Zerfall eines Atomkerns ± im Gegensatz zu den anderen grundlegenden physikalischen Kräften Gravitation, Elektromagnetismus und starke Wechselwirkung die Parität verletzt, [2] ist die intrinsische Händigkeit bestimmter Elementarteilchen bekannt. [3] Im uns derzeit zugänglichen Universum gibt es offensichtlich nur linkshändige Neutrinos und nur rechtshändige Antineutrinos. Eine einheitliche Betrachtung der elektromagnetischen und der schwachen Wechselwirkung führt zur paritätsverletzenden elektroschwachen Wechselwirkung. Die aus dieser Wechselwirkung resultierende Z-Kraft wirkt unter anderem zwischen den Elektronen und dem Atomkern und kann wegen ihres paritätsverletzenden Charakters sozusagen zwischen links und rechts unterscheiden. Eine Berücksichtigung in entsprechenden quantenmechanischen Berechnungen führt zu energetischen Unterschieden zwischen Enantiomeren; die Energiedifferenz wird als Parity Violating Energy Difference (PVED) bezeichnet. [4] Bis heute ist es nicht gelungen, PVED-Werte von Enantiomeren zu messen, obwohl mögliche Experimente schon vor mehreren Jahren vorgeschlagen wurden. [5] Seit Beginn der achtziger Jahre gibt es Ab-initio-Berechnungen, besonders von Mason und Tranter. [6] Sie zeigen, dass die aus der Paritätsverletzung resultierende Energiedifferenz zwischen Enantiomeren bei etwa 10 À14 J mol À1 liegt und zu einer Stabilisierung der l-Aminosäuren und d-Zucker führen sollte, d. h. der Isomere, die wir heute in der Natur finden. Für Peptide, aufgebaut aus der achiralen Aminosäure Glycin, wurde ein energetischer Vorteil der natürlichen Sekundärstrukturen, der a-Helix und des b-Faltblatts, bere...