ZusammenfassungDie Novellierung von § 64 des Strafgesetzbuches (StGB) ist am 01.10.2023 in Kraft getreten. Es erfolgte u. a. eine Spezifizierung des „Hangs“: Gefordert sind nun das Vorliegen einer Substanzkonsumstörung und in dessen Folge eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung von Lebensgestaltung, Gesundheit, Arbeitsfähigkeit oder Leistungsfähigkeit („Hangkriterien“). In einer vorangegangenen Arbeit der Verfasser (Schwarz und Stübner 2023) wurde eine retrospektive Aktenanalyse durchgeführt bei n = 70 männlichen Patienten, deren Unterbringung gemäß § 64 StGB in der Klinik für Forensische Psychiatrie am Bezirksklinikum Ansbach (Bayern) zwischen dem 01.07.2021 und dem 30.06.2022 beendet worden war (Querschnittvollerfassung). In der hier vorliegenden explorativen Sekundäranalyse dieser Daten sollte nun ein etwaiger Zusammenhang zwischen dem Therapieergebnis (bedingte Entlassung aus der Maßregel oder vorzeitige Erledigung) und der im jeweiligen Fall vorliegenden Art und Anzahl der Hangkriterien fokussiert werden. Es zeigte sich, dass bei Patienten mit einem regulären Therapieabschluss im Durchschnitt höhere Anzahlen von Hangkriterien vorgelegen hatten, insbesondere Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit. In dieser Gruppe waren allerdings weniger schwere psychiatrische Komorbiditäten zu verzeichnen. Zwischen den einzelnen Hangkriterien wurden teils hochsignifikante Zusammenhänge ermittelt. Insgesamt deutet sich an, dass die neue Konturierung des Hangbegriffs zu einer gezielteren Zuweisung von Patienten, die von den spezifischen Therapieangeboten in einer Entziehungsanstalt profitieren, führen könnte. Zudem scheinen sich die rechtswissenschaftlich intendierten Verbesserungen mit erfahrungswissenschaftlichen Methoden abbilden zu lassen.