Zusammenfassung In einem Mausmodell der Angstkonditionierung und des Verlernens der Angst durch alternierende bilaterale Stimulation (ABS) wurde dem Wirkungsmechanismus der mittlerweile gut etablierten Therapieform EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) zur Behandlung der posttraumatischen Belastungsreaktion (PTBS) nachgegangen. Hierdurch wurde nicht nur gezeigt, dass alternierende bilaterale Stimulation eine notwendige Bedingung für eine schnellere und länger anhaltende Wirksamkeit des Verlernens von Angst im Vergleich zum reinen Extinktionslernen (ohne ABS) darstellt, sondern auch, dass es sich um eine hinreichende Bedingung handelt (u. a. durch Simulation der ABS mittels optogenetischer Stimulation des Colliculus superior). Das damit vorliegende kausale Modell erscheint vor allem für die weitere Erforschung der Mechanismen von Psychotherapie im Tiermodell und für die Hypothesengenerierung bei Forschung am Menschen bedeutsam. Man mag es zunächst einfach nicht glauben: In der Ausgabe des Fachblatts Nature vom 24. Februar 2019 wurde ein Mausmodell für eine vor allem bei posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) durchgeführten Psychotherapie berichtet, die von Skeptikern bis heute eher belächelt wird. Sie hat den etwas längeren Namen Eye Movement Desensitization and Reprocessing, weswegen man sie nahezu immer mit der Abkürzung EMDR benennt. Man weiß nicht, was man an der Studie mehr bewundern soll: Das kreative Tiermodell des Psychotherapieverfahrens (▶ Abb. 1), das ganze Arsenal neurobiologischer Techniken, das zur Anwendung kam oder den Mut, sich die ganze Arbeit überhaupt zu machen. Auf jeden Fall ist die Untersuchung sowohl psychiatrisch als auch neurobiologisch sehr interessant, könnte zukunftsweisend sein und liegt thematisch mitten in der Nervenheilkunde -dem Fach und dem Fachblatt! Zudem lassen die neuen Erkenntnisse die Ergebnisse einer unserer Ulmer Arbeitsgruppen zur funktionellen Bildgebung bei gesunden Versuchspersonen zur Extinktion mittels EMDR in einem neuen Licht erscheinen. Das Maus-Modell des Extinktionslernens mit und ohne EMDR bestand darin, dass die Tiere nach der Konditionierung nur den Ton ohne elektrischen schmerzhaften Reiz hörten. In einer zweiten Bedingung hörten sie den Ton zusammen mit gleichzeitiger (durch die LED-Lampen bewirkten) Bewegung der Augen. Hierzu wurden die in Blickrichtung des Tiers liegenden 7 LEDs nacheinander von links nach rechts und dann zurück (etwa mit einer Frequenz von 1 Hz) eingeschaltet (stark modifiziert nach [5], S. 340, ▶Fig. 1a sowie nach [17], ▶Fig. 1). Zur Geschichte der EMDR Die Kalifornierin Francine Shapiro ging an irgendeinem Tag des Jahres 1987 problembeladen im Wald spazieren, achtete dabei mit bewegtem Blick auf ihre Umgebung -und fühlte sich hinterher besser und weniger ängstlich. Dies war für sie so beeindruckend, dass sie bei therapeutischen Gesprächen mit Klienten diese aufforderte, ihre Augen hin und her zu bewegen -und hatte mit dieser Methode Erfolg. 1 Mittlerweile werden Geräte zum Erwerb angeboten, die den Zeigefinger des T...