ZusammenfassungNachdem sich die sozialwissenschaftliche Analyse des Unterhaltungsfilms lange Zeit in Geiselhaft einer kritisch-negativistischen Perspektive befunden hat, erwacht neuerdings im Zusammenhang mit der Entstehung des Quality-TV ein unvoreingenommeneres Interesse an Film und Fernsehen. Die vermutlich schon seit Anbeginn der Menschheit existierende Faszination für fiktionale Geschichten und Erzählungen, die sich auch in audiovisuellen Medien transportieren lassen, liegt begründet in einer Reihe von psycho-sozialen Funktionen, die diese für Individuen wie auch Kollektive erfüllen (Eskapismus, Katharsis, Edukation, Transformation, Identität). Am Beispiel von Game of Thrones lässt sich zeigen, dass Fernsehserien auch eine unbewusste Tiefendimension haben, die mehr oder weniger kollektivierte Phantasien über die Verfasstheit der Gesellschaft einfangen und widerspiegeln, aber auch herausfordern. Anhand der Topographie von Game of Thrones mit den drei zentralen Lokalitäten Westeros, Essos und dem Norden wird gezeigt, dass diese die Elemente von Angst, Verdrängung und Hoffnung repräsentieren, wobei die unerwarteten Brüche und Schocks in der Serienhandlung, darunter insbesondere das Finale, diese gesellschaftliche Phantasie auch hinterfragen und die Zuschauer auf sich selbst zurückwerfen.