Ausgerichtete achirale Molekule und Kristalle mit D2d‐Symmetrie oder einer der nichtenantiomorphen Untergruppen S4, C2v oder Cs können beim Durchstrahlen in einer beliebigen Richtung eine Drehung der Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht bewirken. Dies ist in der Kristalloptik eine unangefochtene Tatsache, der Unterricht für Studenten der organischen Chemie vermittelt hingegen eine widersprüchliche Ansicht. Der vorliegende Kurzaufsatz verschafft einen Überblick über Messungen und Rechnungen zu den chiroptischen Eigenschaften einiger achiraler Substanzen und Kristalle. Prototypisch für Verbindungen, die nach van't Hoff optisch inaktiv sein sollten, sind Methanderivate mit vier identischen Liganden, die durch Spiegelebenen in Beziehung stehen. Die Untersuchung der optischen Aktivität einfacher achiraler Verbindungen wie H2O und NH3 vermittelt weitreichende chiroptische Gesetzmäßigkeiten, die oft im Zusammenhang mit chiralen Stoffen übersehen werden. Hier wird anhand gruppentheoretischen Überlegungen, des Transformationsverhaltens von Tensoren und intuitiver Skizzen gezeigt, warum einige achirale azentrische Verbindungen optisch aktiv sind, andere hingegen nicht.