Chirale Erkennung ist von fundamentaler Bedeutung in der Natur, aber auch für eine Vielzahl chemischer Prozesse. Enantioselektivität ist das Ziel zahlreicher neuer Synthesestrategien und ist die Grundlage vieler Trennmethoden, z. B. für medizinische Wirkstoffe. In all diesen Prozessen bewirkt die molekulare Erkennung die bevorzugte Bildung eines bestimmten Enantiomers, bei der Synthese ebenso wie bei der Trennung. Die direkte Übersetzung einer chiralen Erkennung in eine mechanische Bewegung wurde unseres Wissens bisher noch nie beschrieben. Der Einfluss chiraler Effektoren oder Molekülteile auf die Gelbildung, auf die Struktur von Gelartigen Materialien [1] sowie auf Phasen-oder Sol-Gel-Über-gänge [2] hat dagegen bereits zunehmend Interesse gefunden. Selektive Bewegungen chemomechanischer Polymere wurden bisher nur mit regioisomeren Effektormolekülen beobachtet.[3] Wir beschreiben hier, wie die Wechselwirkung eines chemomechanischen Polymers mit chiralen Effektormolekülen in der wässrigen Umgebung der Polymerpartikel eine Volumenkontraktion um bis zu 95 % bewirken kann, während der optische Antipode das Volumen um weniger als 20 % ändert, abhängig von der Effektorkonzentration.Als Hydrogel verwendeten wir Chitosan, das Aminoglucose-Einheiten als chirale Zentren enthält und daher schon für Enantiomerentrennungen verwendet wurde.[4] Nach vorangehendem Schwellen in Wasser enthält das Gel etwa 47 % Wasser; bei Einwirkung anionischer Effektoren, die an die protonierten Aminogruppen des Chitosans binden, expandiert das Gel erheblich. Erste Versuche mit O,O'-Dibenzoylweinsäure (DBTA, 1 c) als Effektor zeigten bereits erhebliche Unterschiede zwischen den Enantiomeren, welche mit zunehmendem pH-Wert kleiner werden (siehe Hintergrundinformationen). Drastisch größere Effekte wurden gefunden, wenn das Gel mit Essigsäure als Cofaktor versetzt wurde. Untersuchungen mit anderen chemomechanischen Polymeren hatten bereits gezeigt, dass kooperative Wechselwirkungen zwischen zwei unterschiedlichen Effektoren große ¾nderungen bei Volumenzunahme oder -abnahme von Hydrogelen bewirken können. [5] Wenn Chitosan zunächst mit 50 mm Essigsäure behandelt wird, erhält man ein Gel mit hohem Wassergehalt (96 %), das bei Exposition gegen anionische Effektoren nunmehr erhebliche Kontraktion statt Expansion zeigt.[6] Mit l-oder d-DBTA unterscheiden sich die Volumenänderungen um das bis zu Zehnfache, abhängig von der Effektorkonzentration (Abbildung 1). Bemerkenswerterweise löst das d-Isomer große Bewegungen bei relativ niedrigen Konzentrationen aus, bei denen das l-Enantiomer kaum aktiv ist. Wie erwartet führen racemische Mischungen ([d,l-DBTA ] = 5 mm) zu nur etwas verminderten Effekten (À93 %) gegenüber dem reinen d-Isomer (À95 %), da das l-Isomer wesentlich schwächer bindet.Andererseits zeigt das l-Isomer bei höheren Konzentrationen größere Effekte als das d-Enantiomer. Die Konzentrationsprofile können einer größeren Affinität des d-Isomers zugeschrieben werden, wobei das l-Enantiomer erst bei höheren Konzentrationen vollständig gebunden wird....