Die Entwicklung von Peptiden als potentielle Medikamente zielte über Jahrzehnte einzig darauf ab, höchste Affinitäten, Rezeptorselektivitäten oder Stabilität gegenüber dem enzymatischen Abbau zu erhalten. Um hingegen aktive Peptide als potentielle Wirkstoffe für die tägliche Einnahme zu erhalten, ist zudem deren orale Verfügbarkeit im höchsten Maße erstrebenswert. Ein zweifacher Optimierungsprozess ist notwendig, um oral verfügbare wirksame Peptide zu entwickeln: 1) Optimierung der Affinität und Selektivität und 2) Optimierung der oralen Verfügbarkeit. Bei einer rationalen Entwicklung von oral verfügbaren Peptiden müssen diese beiden Schritte nacheinander erfolgen. Hierzu muss man verstehen, welche strukturellen Veränderungen die orale Verfügbarkeit erhöhen und wie deren Einführung in ein Peptid möglich ist, ohne dessen gewünschte biologische Eigenschaften zu verändern. Umfangreiche Bemühungen wurden in vielen Laboratorien unternommen, um den Einfluss dieser Modifikationen auf die orale Bioverfügbarkeit besser zu verstehen. In einem ersten Ansatz wird die orale Verfügbarkeit eines Peptids verbessert, das bereits auf seine biologische Aktivität, wie oben in (1) beschrieben, optimiert wurde. Bei dem zweiten Ansatz (2) wird zuerst ein intestinal permeables und metabolisch stabiles Peptidgrundgerüst identifiziert und anschließend funktionelle Gruppen eingeführt, die für eine gewünschte biologische Funktion notwendig sind. Vorherige Herangehensweisen, oral verfügbare Peptide zu entwickeln, beanspruchten oft allgemeine Gültigkeit, bisher konnten die meisten dieser Lösungsansätze aber nicht erfolgreich auf andere Fälle übertragen werden. In diesem Aufsatz werden die Einflüsse verschiedener chemischer Modifikationen auf die Bioverfügbarkeit von Modellpeptiden und oral aktiver Peptide diskutiert, die den aktuellen Stand der Forschung auf dem Gebiet der oral aktiven Peptide zusammenfassen. Wir erläutern, warum es keine einfachen, universell gültigen Regeln oder Strategien (kein “Patentrezept”) für die Entwicklung von oral aktiven Peptiden mit wirkstoffartigen biologischen Funktionen geben kann.