ZusammenfassungDie vielfach belegten günstigen Effekte von Naturerfahrungen bei Kindern machen die Annahme plausibel, dass sich eine naturnahe Umgebung auch positiv auf die Gesundheit im Kindesalter auswirkt, also auch ein Beitrag zur Gesundheitserhaltung und -prävention sein kann. Die Befunde zu gesundheitsfördernden Wirkungen von Natur sind bemerkenswert und werden hier mit dem Fokus auf seelische Gesundheit akzentuiert und theoretisch fundiert.Grundlage ist ein sogenanntes dreidimensionales Persönlichkeitsmodell, demzufolge die seelische Entwicklung nicht nur eine Funktion der Beziehung des Subjekts zu anderen Menschen, sondern auch zur Welt der Dinge, also auch der Natur ist. Es werden zudem 3 Erklärungsansätze für die gesundheitlichen Wirkungen von Naturerfahrungen skizziert: 1. die anthropologisch fundierte „Stress Recovery Theory“, 2. die „Attention Restoration Theory“ und 3. die Annahme, dass Natur als ein Symbolvorrat für Selbst- und Weltdeutungen die Sinnkonstituierung der Subjekte begleiten kann („therapeutische Landschaften“).Es wird v. a. auf die gesundheitlichen Wirkungen von erreichbaren naturnahen Freiräumen eingegangen, wobei der Forschungsstand für Erwachsene weitaus reichhaltiger ist als für Kinder. Im Hinblick auf die seelische Gesundheit bzw. auf deren Einflussgrößen werden die folgenden Dimensionen mit empirischen Ergebnissen ausgeführt: Stressreduktion, antidepressive und stimmungsaufhellende Wirkung, prosoziales Verhalten, Aufmerksamkeit und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung), kognitive Entwicklung, Selbstwert und Selbstregulation, Naturerfahrung und Bewegung. Aus salutogenetischer Sicht wirkt Natur nicht deterministisch auf die Gesundheit, sondern gewissermaßen beiläufig, wenn naturnahe Freiräume erreichbar sind und genutzt werden. Diese Beiläufigkeit der Wirkung von Naturerfahrungen ist bei möglichen therapeutischen oder pädagogischen Interventionen zu bedenken.