Zusammenfassung
Hintergrund Patienten mit einer narzisstischen
Persönlichkeitsstörung (NPS) gelten im Rahmen der
therapeutischen Arbeit als besonders herausfordernd. Allerdings liegen gut
kontrollierte Studien zur Effektivität von Psychotherapie bei
NPS-Patienten bislang nicht vor, sodass viele Interventionsprozesse auf
theoretischen Konstrukten basieren. Die Klärungsorientierte
Psychotherapie (KOP) ist ein psychothera-peutisches Verfahren, welches sich aus
Konzepten der Kognitiven Verhaltenstherapie, der Klientenzentrierten
Psychotherapie und verschiedenen prozessorien-tierten Verfahren entwickelt hat.
Die vorliegende Untersuchung versucht eine Quantifizierung der
Effektivität einer psychotherapeutischen Behandlung der NPS per KOP.
Methode und Ergebnisse Retrospektive Kohorten-Studie. Die prä-post
per-Protokoll-Analyse von 173 behandlungssuchenden NPS-Patienten1 zeigte nach Abschluss der Behandlung
(58,6±10,5 Sitzungen) signifikante Verbesserungen von zentralen
störungsrelevanten Parametern (mit größtenteils
mittleren Effektstärken). Insbesondere das primäre Zielkriterium
(d.h. der ehrgeizige/narzisstische Persönlichkeitsziel im
„Persönlichkeits-Stil- und Störungs-Inventar“
(PSSI) zeigte eine positive Veränderung (mittlere Effektstärke:
d=−0,49 [−0,67; −0,31], p<0,001).
In Bezug auf die Verbesserung depressiver „states“ und
„traits“, Neurotizismus sowie der Selbstakzeptanz konnte sogar
ein großer Effekt gefunden werden. Die niedrigsten Effektstärken
fanden sich bei der Stärkung der Selbstregulation (d=0,2 [0,03;
0,36], p=0,02).
Diskussion Da keine intention-to-treat-Analyse durchgeführt wurde,
kann eine Überschätzung der Effektstärken der Behandlung
nicht ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse deuten an, dass der KOP eine
bevorzugte Position bei der Behandlung der narzisstischen
Persönlichkeitsstörung eingeräumt werden kann. Aus Sicht
der evidenzbasierten Medizin unterstützen die Ergebnisse dieser bisher
umfangreichsten Studie zur Psychotherapie der NPS eine Anhebung des
Evidenzlevels der Wirksamkeit der KOP bei der Behandlung dieser Störung
von Stufe IV auf Stufe III.