Was Big Data betrifft, so ist die öffentliche und politische Debatte in Deutschland über Sinn und Unsinn, über Nutzen-und Schadenspotenziale noch ohne erkennbares Ergebnis im Sinne eines gesellschaftspolitischen Mehrheitskonsenses. Zu den Protagonisten von Big Data gehören nicht nur die großen Internetkonzerne, sondern auch die deutschen Industrieunternehmen, deren Manager angesichts von kritischen Stimmen schon mal vor einer "kleingeistig geführten Angstdebatte" (Busch 2018, S. 10) warnen. Diese ‚Angstdebatte' wiederum lässt sich an einer regelrechten Veröffentlichungswelle festmachen, die kritische Positionen einnimmt und deren Beginn ziemlich genau zu datieren ist. Im Sommer 2013 enthüllte der ehemalige CIA-Mitarbeiter Edward Snowden das ganze Ausmaß der Überwachungs-und Spionagepraxis von Geheimdiensten und löste damit die sogenannte NSA-Affäre aus. Einen zusätzlichen Schub erhielt die Protestwelle im Frühjahr 2018 durch das Eingeständnis von Facebook, dass die englische Analysefirma Cambridge Analytica mehr als 50 Mio. Datensätze von Nutzern ohne deren Kenntnis im US-Wahlkampf von Donald Trump eingesetzt hatte (The Guardian 2018). Ängste vor dem Überwachungsstaat sind vor dem Hintergrund der eigenen geschichtlichen Erfahrung mit dem totalitären NS-Regime offensichtlich gerade in Deutschland leicht zu wecken. So hatte schon die 1983 geplante, verglichen mit den heute diskutierten Datenpraktiken harmlose, Volkszählung eine massive Protestbewegung bis hin zum Boykott ausgelöst. Schon damals ging es um die 1 © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2020 S. Knorre et al., Die Big-Data-Debatte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27258-6_1 Dieses Kapitel wurde von Susanne Knorre verfasst Burchardt (2018, S. 13), Wissenschaftler am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Die erste Welle wurde durch die Digitalisierung analoger Datenträger (z. B. Foto, Film, Text, akustische Signale) angestoßen, die Digitalisierung beschränkte sich aber weitgehend auf das Speichern der Daten und ihre Wiedergabe. Jetzt werden die Daten für Maschinen verstehbar. "Big Data ist nicht weniger als die dritte große Welle von Innovationen, nach dem World Wide Web Mitte der 90er Jahre und Social Media Mitte der 2000er. Big Data ist ein Paradigmenwechsel, wie wir Informationstechnologie einsetzen." So beschreibt der Data Scientist Jörg Blumtritt (2015) das Phänomen. Datenintensive Forschung gilt Microsoft-Analytikern als vierte wissenschaftliche Revolution und Motor gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung, das sogenannte vierte Paradigma (Hey et al. 2009 zitiert in Schwerk et al. 2018, S. 2). Big Data wird somit als eine disruptive Technologie bewertet, die gravierende Auswirkungen für viele Branchen und gesellschaftliche Bereiche mit sich bringen wird, in einigen Branchen wird sie Arbeitsplätze vernichten, gleichzeitig aber auch hohe Produktivitäts-und Wohlstandssteigerungen sowie neue Arbeitsplätze schaffen. Die Unternehmensberatung McKinsey erwartet dadurch weltweit ein Wertschöpfungspotenzial von jährlich meh...