Zusammenfassung
Hintergrund
Bis zu 80 % der Patienten mit kleinzelligen Lungenkarzinomen („small cell lung cancer“, SCLC) entwickeln im Verlauf Hirnmetastasen, eine erhebliche Ursache neurologischer Morbidität und Mortalität. Eine zerebrale Strahlentherapie ist in vielen Fällen indiziert.
Ziel der Arbeit
Ziel war es, die Rolle der Strahlentherapie in diesem Zusammenhang zu beschreiben und zu erläutern.
Material und Methoden
Dazu erfolgte eine kritische Überprüfung der hochwertigen internationalen Literatur und Evidenz.
Ergebnisse und Schlussfolgerung
Die prophylaktische Ganzhirnbestrahlung („prophylactic cranial irradiation“, PCI) kann bei SCLC im limitierten Stadium nach der Veterans Administration Lung Cancer Study Group, VALG, („limited-disease SCLC“, LS-SCLC) mit gutem Ansprechen auf die Primärtherapie das Gesamtüberleben verbessern. Die PCI sollte eine Dosis von 30 Gy nicht überschreiten, kann mit Aussparung des Hippocampus (Hippocampusschonung) erfolgen sowie sequenziell und zügig nach der Primärtherapie eingeleitet werden. Der mögliche Einfluss einer konsolidierenden Immuntherapie auf den zusätzlichen Nutzen der PCI ist aktuell unklar. Beim ES-SCLC („extensive disease“) kann eine PCI bei geeigneten Patienten oder bei schlechter Compliance als Alternative zu den engmaschigen Schädel-Magnetresonanztomographie(MRT)-Verlaufskontrollen angeboten werden. Im therapeutischen Setting, bei Nachweis von Hirnmetastasen, erfolgt einen Paradigmenwechsel von der Ganzhirnbestrahlung zur kranialen Stereotaxie und Radiochirurgie. Aufgrund des besseren Erhalts der Neurokognition besteht eine wachsende Akzeptanz der zielgerichteten Bestrahlungen bei geeigneten Patienten mit einer begrenzten Anzahl an zerebralen Metastasen, entweder allein oder als integrierte Dosiseskalation bei der Ganzhirnbestrahlung. Laufende Studien werden die Rolle der Strahlentherapie in der Behandlung des SCLC zukünftig weiter präzisieren.