Einleitung Der Wunsch nach Gründung einer Familie, Zeugung und Empfängnis eines Kindes sowie Schwangerschaft und Geburt sind primär natürlich. Eine ungewollte Kinderlosigkeit bedeutet für viele Paare eine schwere und belastende Lebenssituation. Zahlreiche Betroffene nehmen daher medizinische Hilfe in Anspruch, um einerseits die Ursachen der Kinderlosigkeit zu ergrün-den und andererseits mittels der vielfältigen Möglich-keiten der modernen Medizin ein Kind bekommen zu können. Dieser Weg verläuft meist nicht geradlinig, sondern ist mit Entbehrungen, psychischen Belastungen und Strapazen für die zunächst kinderlosen Frauen und Männer bzw. das Paar verbunden. Besonders, wenn trotz aufwendiger, hochmoderner Kinderwunschtherapie kein Kind zur Welt gebracht wird, ist mit psychischen Stö-rungen zu rechnen [1]. Die 2014 publizierte Leitlinie "Psychosomatische Diagnostik und Therapie bei Fertilitätsstörungen" nimmt darauf ausführlich Bezug und schildert, welche psychischen Störungen auftreten können und welche Konsequenzen sich daraus neben der organmedizinischen Behandlung für die psychosomatische Beratung und Mitbehandlung ergeben [2]. Im folgenden Artikel möchten wir praxisrelevant darstellen, welche Herausforderungen sich in konkreten Behandlungssituationen für die behandelnden (organmedizinisch, psychosomatisch bzw. psychiatrisch täti-gen) Ärzte und Psychologen ergeben und wie diese interdisziplinär zum Wohle der Betroffenen gemeistert werden können. Wir präsentieren hierzu anonymisierte Kasuistiken, die aus der gynäkologisch-psychosomatischen Ambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover stammen. Sterilität und Infertilität Definition Sterilität wird als Ausbleiben einer Schwangerschaft trotz regelmäßigen ungeschützten Geschlechtsverkehrs innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr definiert [3]. Bei Infertilität tritt eine Schwangerschaft zwar ein, die betroffene Frau kann das Kind aber nicht bis zur Lebensfähigkeit austragen, d. h. es kommt zur Fehlgeburt oder zum intrauterinen Fruchttod. Weltweit leiden 3,5 -16,7 % der Paare im reproduktionsfähigen Alter unter ungewollter Kinderlosigkeit [2, 4].