ZUSAMMENFASSUNGDie Diagnostik psychischer Störungen ist komplex und umfangreich. Die ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) erlaubte bislang nicht, wichtige Informationen bzgl. Verlauf (z. B. Chronische Depression) oder Symptomatik (z. B. Angstsymptome bei affektiven Episoden) zu kodieren. Auch erschwerte die bisherige Codestruktur das Hinzufügen weiterer, neuer Störungsbilder. Häufig gibt es keine Unterscheidung des Schweregrades, und wenn doch, beruht diese Einstufung auf der Anzahl der erfüllten Symptome und nicht den Funktionseinschränkungen, die sich als Folge der Symptomatik für den Betroffenen ergeben. Aus diesen Gründen wurde die ICD grundlegend in Struktur und Konzept überarbeitet.Der vorliegende Artikel beschreibt und diskutiert die wichtigsten Anpassungen. Dazu gehören die Umsetzung der ICD-11 als Onlineversion, die Gruppierung von Störungsbildern auf Basis gemeinsamer Ätiologie, Pathophysiologie und Phänomenologie, die Anpassung und Erweiterung der Anwendung von Diagnosecodes, der verstärkte Einbezug dimensionaler Phänomene innerhalb des kategorialen Systems und die Reduktion der diagnostischen Kriterien auf die wesentlichen Merkmale. Diese Änderungen sollen im Rahmen der Steigerung der Nutzerfreundlichkeit und stärkeren Individualisierung in der Beschreibung von klinischen Phänomenen unter Einbezug wissenschaftlicher Evidenz eine möglichst flächendeckende Anwendung des Klassifikationssystems gewährleisten und so die internationale Vergleichbarkeit verbessern.