Zusammenfassung
Hintergrund
Studien zeigen, dass Kindesmisshandlung in Deutschland häufig ist. Auch im Gesundheitssystem ergeben sich Handlungsimplikationen insbesondere im Hinblick auf das Erkennen von Hinweisen auf Misshandlung sowie die Einleitung von Hilfen. In der Primärversorgung tätigen Ärzt:innen kommt hierbei eine wichtige Schlüsselfunktion zu. Ziel dieser Arbeit ist es, Awareness, Kompetenzerleben und Fortbildungsbedarfe bezüglicher dieser Thematik bei in Deutschland hausärztlich tätigen Ärzt:innen zu beschreiben.
Material und Methoden
Deskriptive Beschreibung der Daten der Medizinischen Kinderschutzhotline von Telefonanrufen (N = 59) aus dem hausärztlichen und ambulanten internistischen Feld im Zeitraum von Juli 2017 bis Dezember 2021. Zudem erfolgte die qualitative Auswertung von semistrukturierten Interviews mit 15 hausärztlich tätigen Ärzt:innen, die im Rahmen eines Needs-Assessments zur Vorbereitung der Entwicklung eines E‑Learning-Curriculums für hausärztlich tätige Ärzt:innen zu psychosozialen Themen erfolgten.
Ergebnisse
In den Daten der Medizinischen Kinderschutzhotline zeigte sich eine bislang geringe Anzahl von Anrufen aus dem hausärztlichen Feld. Beratungsanliegen bezogen sich insbesondere auf das weitere Vorgehen im Jugendhilfekontext, vorliegende Befunde und Gesprächsführung. Unter den Befragten des Needs-Assessments bildeten sich unter den Interviewten bislang wenig Berührungspunkte mit dem Thema ab, jedoch wurden Unsicherheiten u. a. im Hinblick auf das Erkennen von Kinderschutzfällen und die Gesprächsführung genannt.
Diskussion
Grundsätzlich scheint eine bislang eher moderate Awareness bezüglich möglicher Kinderschutzfälle im hausärztlichen Behandlungskontext zu bestehen. Die Beratungsanliegen bei der Medizinischen Kinderschutzhotline ähnelten den Herausforderungen und Unsicherheiten, die sich aus den qualitativen Interviews ableiten ließen. Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass in der Primärversorgung Schulungsbedarf in Bezug auf das Erkennen kinderschutzrelevanter Problemlagen und das Einleiten erster weiterführender Schritte besteht.