Standardbefugnisse nehmen sowohl in den Polizeigesetzen 1 als auch in der akademischen Ausbildung 2 einen immer breiteren Raum ein. Es handelt sich um eine klausurrelevante Materie; mit polizeilichen Standardmaßnahmen umgehen zu können, ist für den Examenskandidaten unerlässlich 3 . Ebenso klar ist andererseits, dass nicht jedes Detail der ausführ-lichen und je unterschiedlich gestalteten Befugnisnormen »gewusst« werden kann und muss. Notwendig sind in erster Linie solide Grundkenntnisse zu einigen übergreifenden Strukturfragen der Funktion und Konstruktion polizeilicher Standardbefugnisse, die einen selbstständigen Umgang mit den Normen ermöglichen; hinzukommen müssen Erfahrungen mit einigen typischen Problem-und Grenzfällen, deren Lösung sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz erschließen lässt. Derartige allgemeine Strukturfragen einerseits und besondere Problemkonstellationen andererseits vorzustellen, ist das Programm dieses Beitrags.
I. Grundfragen
Hinführung und erste CharakterisierungDas Polizeirecht stellt mit seiner Generalklausel, seinen allgemeinen rechtsstaatlichen Eingrenzungen (Störerhaftung, Verhältnismäßigkeit, Ermessen) und seinen Regeln zum polizeilichen Zwang ein dogmatisches Grundgerüst zur Verfügung, das es der Polizei ermöglicht, in grundsätzlich jeder Situation das zur Gefahrenabwehr Notwendige zu verfügen und durchzusetzen, ohne dass der genaue Inhalt derartiger Maßnahmen von vornherein gesetzlich determiniert wäre (unbenannte Maßnahmen 4 ). Daneben hält es eine Reihe von speziellen Befugnisnormen bereit, die für bestimmte in der Praxis häufiger vorkommende Maßnahmetypen (benannte Maßnahmen, z. B. Identitätsfeststellung, Platzverweis, Durchsuchung, Sicherstellung etc.) gesondert bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen rechtsstaatlichen Maßgaben diese typischen »Standardmaßnahmen« zulässig sein sollen. Das Besondere derartiger Standardbefugnisse ist zum einen, dass diese nicht darauf beschränkt sind, Anforderungen, die bereits aus der allgemeinen Polizeirechtsdogmatik folgen würden, bloß zu bekräftigen oder zu präzisieren, sondern dass sie in der Lage sind, auch von der allgemeinen Polizeirechtsdogmatik abweichende Sonderregelungen zu treffen; von grundsätzlich allen tatbestandlichen Voraussetzungen der allgemeinen Polizeirechtsdogmatik (einschlägige Schutzgüter, erforderliche Gefahrenschwelle, zulässige Adressaten etc.) können Standardbefugnisse Modifikationen vorsehen (Modifikationswirkung) 5 . Das Besondere der Standardbefugnisse ist zum anderen, dass diese, soweit sie (bekräftigende oder abweichende) Regelungen treffen, als spezielle Befugnisnormen und abschließende Sonderregelungen anzusehen sind, die in ihrem Anwendungsbereich den Rückgriff auf die allgemeine Polizeirechtsdogmatik, namentlich auf die polizeiliche Generalklausel 6 , aber ggf. auch auf sonstige allgemeine Regeln (z. B. zur Störerhaftung 7 ) ausschließen (Verdrängungswirkung) 8 .Das Nebeneinander von Generalklausel/allgemeiner Polizeirechtsdogmatik einerseits und Spezialbefugnissen für Standardmaßnahmen...