Zusammenfassung
Hintergrund In Europa gab es in den letzten 15 Jahren mehrere Schädlichkeits-Vergleiche bezüglich der Einnahme von psychotropen Substanzen durch Suchtexperten. Eine einzige Einschätzung liegt bezüglich des potenziellen Nutzens vor. Non-Opioiderge Analgetika (NOA), wie Gabapentinoide und NSARs, die zunehmend Gegenstand von Missbrauchsberichten sind, wurden bei solchen Rankings bisher nicht berücksichtigt. Ebenso existiert bisher keine multisubstanzbezogene Einschätzung darüber, ob sich die Beurteilung der Schädlichkeit einer illegalen Rauschdroge nach Änderung des Rechtsstatus in Deutschland ebenfalls ändern könnte.
Studienziel und Methodik Anhand eines Fragebogens wurden 33 psychoaktive Substanzen inklusive Analgetika im Hinblick auf ihre gesundheitliche und soziale Schädlichkeit sowie potenzielle Nützlichkeit für den Konsumenten und deren Umgebung / Gesellschaft („andere“) von 101 erfahrenen Suchtmedizinern (Kohorte 1) bewertet. Zudem untersuchte diese Kohorte, ob sich die Schädlichkeitsbeurteilung einer illegalen Substanz bei eventueller Legalisierung ändert. Um die durchschnittliche Gesamtschädlichkeit (Gesamtrisiko) einer Substanz zu erhalten, wurde in einer zweiten Erhebung (Kohorte 2, 36 erfahrene Suchtmediziner) die prozentuale Beteiligung einer jeden Dimension an der Gesamtschädlichkeit bestimmt. Schließlich wurden die durchschnittliche Nutzen- und Gesamtrisikoeinschätzungen aufeinander bezogen.
Ergebnisse Verordnungsfähigen psychoaktiven Substanzen wie Analgetika, NOAs (inklusive Gabapentinoiden) und opioidergen Substitutionsmitteln wurde ein günstiges Nutzen-Schadens-Profil attestiert. Jeweils im Mittelfeld der Schädlichkeits- wie der Nützlichkeitsbeurteilung befanden sich Cannabis und Ketamin. Alkohol und Nikotin wurden wie die meisten illegalen Rauschdrogen unter den schädlichen und am wenigsten nützlichen psychoaktiven Substanzen eingeordnet, wobei Alkohol durchschnittlich schädlicher, aber auch nützlicher als Nikotin beurteilt wurde. Bei potenzieller Legalisierung wurde die Gesamtschädlichkeit der traditionellen illegalen Drogen Metamphetamin, Kokain, Heroin und Cannabis als signifikant vermindert beurteilt. Dies beruhte hauptsächlich auf unter diesen virtuellen Bedingungen günstigerer Beurteilung der Schäden für andere.
Schlussfolgerung Verordnungsfähigen Substanzen inklusive opioidergen und nicht-opioidergen Analgetika sowie opioidergen Substitutionsmitteln wurde ein günstiges Nutzen-Schadens-Profil zugordnet. Ein diesbezüglich ungünstiges Profil erhielten Alkohol, Nikotin sowie traditionelle Drogen, mit Ausnahme von Cannabis und Ketamin. Die Gesamtschädlichkeit traditioneller Drogen würde sich mit virtueller genereller Legalisierung verringern, hauptsächlich durch Abnahme der Schäden für andere.