Zusammenfassung
Hintergrund Die COVID-19-Pandemie und deren Maßnahmen haben zu einem Defizit der medizinischen Versorgung und zu Änderungen in der Lebensführung der Menschen geführt, was in der Konsequenz auch die kardio- und zerebrovaskuläre Primär- und Sekundärprävention verändert hat. Die vorhandenen Daten beruhen im Wesentlichen auf Umfragen. Neben der Problematik der Korrektheit von Selbsteinschätzungen können die Pandemie per se und die massive öffentliche Berichterstattung die Daten verzerrt haben.Nur wenige Publikationen haben vor der Pandemie erhobene Daten mit den Ergebnissen im Verlauf der Pandemie verglichen. In der ELITE-Studie werden seit Jahren bei über 5000 Teilnehmern regelmäßige Kontrollen von Risikofaktoren (RF) und psychosozialen Parametern (Stress, Depressionen, Wohlbefinden, Ernährung, Hirnleistung, Bewegung) vorgenommen. Aus dieser Studie wurden die Daten von 1775 Personen ausgewertet, die vor Beginn und erneut während der Pandemie (06.05.2020–25.01.2022) erhoben wurden. Damit waren die Ausgangswerte unbeeinflusst von der Pandemie.
Ergebnisse Erwartungsgemäß fanden sich sowohl Verbesserungen als auch Verschlechterungen der erhobenen Parameter. Blutdruck und depressive Symptome verschlechterten sich signifikant häufiger, wobei Frauen häufiger betroffen waren. Auch das Gewicht und die Stressbelastung stiegen häufiger an, als dass sie sich verbesserten. Nur die körperliche Aktivität zeigte eine geringgradige Zunahme. 24,1 % wiesen ausschließlich Verschlechterungen und keine Verbesserungen dieser Parameter auf. Demgegenüber zeigten 19,6 % ausschließlich Verbesserungen. In der Gruppe mit ausschließlich Verschlechterungen fand sich ein signifikanter Anstieg von Personen mit den Risikofaktoren (RF) Hypertonie, Adipositas, erhöhtes LDL-Cholesterin, Nikotin und Diabetes mellitus. Dies führte zu einer Zunahme von Personen mit 2 und mehr RF. Dagegen reduzierte sich die Zahl von Personen mit 2 und mehr RF in der Gruppe, die nur Verbesserungen aufwies. Auffällig war, dass sich Personen mit Risikofaktoren häufiger verbesserten.
Folgerung Bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung kam es in der Pandemie zu deutlichen Verschlechterungen der RF. Dies betraf besonders den Blutdruck und depressive Symptome – und dabei häufiger Frauen.