ZusammenfassungDie standardisierte Befragung ist eine zentrale empirische Erhebungsmethode in der Kommunikations- und Medienwissenschaft. Es existieren zahlreiche theoretische Zugänge und empirische Studien, um die methodischen Prinzipien und Standards von Umfragen besser zu verstehen und in ihrer Wirkung zu optimieren. Für die Durchführung empirischer Studien sind Kriterien der methodischen Güte zentrale Entscheidungskriterien. Für die Sicherung wissenschaftlicher Qualität ist eine ausschließliche Beachtung methodischer Aspekte jedoch nicht ausreichend; auch aus den forschungsethischen Prinzipien Selbstbestimmung, Schadensvermeidung und Gerechtigkeit sind Beurteilungskriterien ableitbar. Allerdings können methodische und ethische Anforderungen auch im Widerspruch zueinanderstehen; entsprechende Dilemmata können in jeder Phase des Forschungsprozesses auftreten. In solchen Fällen ist eine systematische Güterabwägung zwischen ethischen Bedenken und methodischen Erfordernissen nötig. In der vorliegenden Studie wurden im Rahmen des BMBF-geförderten FeKoM-Verbundprojekts 29 empirisch arbeitende Kommunikationswissenschaftler*innen aus dem deutschsprachigen Raum interviewt, um zu ermitteln, wie sie diese Herausforderungen wahrnehmen und wie sie mit ihnen im Forschungsalltag umgehen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Interviewten keinen der beiden Aspekte priorisieren, sondern danach streben, methodische und ethische Anforderungen miteinander in Einklang zu bringen. Gleichzeitig werden Herausforderungen im jeweiligen Einzelfall sowie grundsätzliche Bedenken hinsichtlich des Stellenwertes von Forschungsethik deutlich.