ZusammenfassungDie Forschung zur psychischen Anpassung an eine chronisch-somatische Erkrankung stellt ein besonders aufschlussreiches Forschungsfeld auch für die Weiterentwicklung theoretischer Modellkonzeptionen zu den grundlegenden Wirkungsbeziehungen zwischen körperlichem Gesundheitszustand und psychischem Wohlbefindlichen dar. Eine chronische Erkrankung bewirkt über assoziierte körperliche Beschwerden und Schmerzen, Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit, psychosoziale Folgebelastungen, Beeinträchtigungen von Körperbild und Selbstwert sowie die notwendige Adhärenz mit Therapieanforderungen gravierende Effekte auf den psychischen Status (Wohlbefinden, Lebensqualität, psychopathologische Komorbidität). Forschungsbefunde zeigen, dass die Regulation dieser vielschichtigen Herausforderungen weniger von biomedizinischen Merkmalen der individuell vorliegenden Erkrankung (Zeitpunkt des Erkrankungsbeginns, Prognose, Auftreten hochakuter Exazerbationen, vitale Lebensbedrohung, verfügbare Therapieoptionen) abhängt, sondern vielmehr von psychosozialen Risiko- und Schutzfaktoren beim betroffenen Kind und in der Familie. Zentral sind erkrankungsangepasste, kognitiv-emotionale Bewertungsprozesse und Skills bei der Emotionsregulation, Problemlösung und dem möglichst eigen verantwortlichen Krankheitsmanagement. Diese können im Rahmen klinisch-psychologischer Intervention gestärkt werden (Familienberatung, Patientenschulung, Verhaltenstrainings). Je nach Verfügbarkeit adaptiver Bewältigungskompetenzen reicht das Spektrum der Entwicklungsverläufe und -ergebnisse von der Herausbildung einer komorbiden psychischen Störung im ungünstigen Fall bis hin zu einem umfassenden Kompetenzaufbau mit Reifungsakzeleration und Resilienz im günstigen Fall. Der Beitrag integriert das komplexe Zusammenwirken solcher Entwicklungsfaktoren in ein übergeordnetes Prozessmodell.