Schwangerenversorgung und Zugang zur Hebamme nach sozialem Status: Eine Analyse mit Routinedaten der BARMER

Abstract

Zusammenfassung Hintergrund Der sozioökonomische Status ist eine wichtige Ursache von Ungleichheit in Gesundheitsstatus und Versorgung. Dies trifft auch auf Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett zu. Die Betreuung während der Schwangerschaft hat eine weichenstellende Rolle für das Gelingen der Lebensphase rund um die Geburt. Untersucht wurde deshalb auf der Basis von Routinedaten der BARMER, welche Leistungen Schwangere in Abhängigkeit von der sozioökonomischen Lage erhalten haben und wie sich diese auf die Berufsgruppen der Gynäkolog*innen und Hebammen verteilt haben. Methode Die Studienpopulation umfasste 237 251 bei der BARMER versicherte Frauen mit 278 237 Geburten in den Jahren 2015–2019. Betrachtet wurden die von Gynäkolog*innen und Hebammen abgerechneten Leistungen während der Schwangerschaft nach sozio-ökonomischer Lage. Ergebnisse Die ärztliche Vorsorge dominiert das Versorgungsgeschehen: Für knapp 98% der Schwangeren wurde in mindestens drei Quartalen eine ärztliche Vorsorgepauschale abgerechnet. Eine regelmäßige Beteiligung der Hebamme an der Vorsorge ab dem 4. Schwangerschaftsmonat mit mehr als vier Vorsorgeleistungen war nur bei 1,2% der Frauen der Fall. Frauen aus einkommensschwachen Verhältnissen erhalten weniger Vorsorgeleistungen sowohl durch Gynäkolog*innen als auch durch Hebammen, wobei 31% der einkommensschwachen Frauen gar keinen Hebammenkontakt vor der Geburt hatten, bei den Frauen mit hohem Einkommen waren es nur 11%. Frauen mit hohem Einkommen hatten zudem häufiger früh Kontakt zur Hebamme (47 vs. 37% im ersten Trimenon). Der Zeitpunkt des Erstkontaktes erwies sich als relevant für die spätere kooperative Schwangerschaftsbetreuung durch beide Berufsgruppen. Schlussfolgerungen Die Potentiale der Hebammenbetreuung werden nicht ausgeschöpft. Hebammen sollten insgesamt deutlich mehr in die Schwangerschaftsvorsorge eingebunden sein, wobei der Zugang zur Hebamme insbesondere für sozial benachteiligte Frauen verbessert werden muss. Diese Gruppe könnte besonders von der Hebammenversorgung profitieren, da diese die sozialen Aspekte in der Betreuung stärker berücksichtigt und auch aufsuchende Angebote macht.

Aufsuchende Wochenbettbetreuung: Die sozioökonomische Lage hat einen starken Einfluss auf den Betreuungsumfang Eine Analyse mit Routinedaten der BARMER

“…Die Betreuung durch Hebammen führt zu niedrigeren Interventionsraten unter Geburt und niedrigeren Frühgeburtsraten [5,6]. Für die Betreuung Schwangerer haben Hertle et al gezeigt, dass der Zugang zur Hebamme für Frauen mit niedrigem Einkommen erschwert ist: Der Erstkontakt findet durchschnittlich später statt und fast dreimal so viele BARMER versicherte Frauen mit niedrigem Einkommen (31 % vs 11 %) weisen in der Schwangerschaft gar keine abgerechnete Hebammenleistung auf [7]. Die aufsuchende Wochenbettbetreuung schließt direkt nach der Geburt an, wenn die Frau ihr Kind zu Hause, in einer hebammengeleiteten Einrichtung oder ambulant im Krankenhaus geboren hat.…”

“…Der wesentlichste Faktor für den Erhalt von aufsuchender Wochenbettbetreuung war jedoch die Hebammenbetreuung in der Schwangerschaft. Hierfür wiederum erwies sich ein möglichst früher Erstkontakt zur Hebamme als entscheidend [7]. Wenn dieser frühe Erstkontakt nicht gelingt, hat dies Auswirkungen auf die Hebammenversorgung im gesamten Betreuungsbogen von der Schwangerschaft bis ins Wochenbett.…”

“…Insbesondere sozial benachteiligte Frauen und deren Familien haben einen erhöhten Unterstützungsbedarf [19] und könnten davon profitieren. Genau diese Gruppe scheint einen deutlich erschwerten Zugang zur Hebammenversorgung zu haben, der in der Schwangerschaft beginnt [7] und auch in der nachgeburtlichen Versorgung nicht aufgeholt wird.…”

Gesundheit und berufliche Zufriedenheit von freiberuflichen und angestellten Hebammen: Ergebnisse einer Hebammenbefragung in Baden-Württemberg

“…Arbeitsmodell (freiberuflich) Bei Geburten anwesend (nein) 0 0 0 0 0 0 Ja 0, [36]. Die Burnout-Werte bei Mitarbeitenden in Alten-und Pflegeheimen (44,2 Punkte) waren höher als bei Mitarbeitenden in ambulanten Pflegediensten (40,8 Punkte) und Krankenhäusern (36,4 Punkte). Im Vergleich zu den Ergebnissen der NEXT Studie könnten freiberufliche Hebammen somit ein niedrigeres Burnout-Risiko als andere ambulant tätige medizinische Fachkräfte, angestellte Hebammen hingegen ein höheres Burnout-Risiko als andere medizinische Fachkräfte in Krankenhäusern haben.…”

“…Diesem Versorgungsanspruch stehen Berichte über Schwierigkeiten von werdenden Eltern, eine Hebamme zu finden 3 4 5 , und Probleme von Krankenhäusern, offene Stellen für Hebammen zu besetzen, gegenüber 3 6 7 . Eine Studie unter 237.251 bei der BARMER versicherten Frauen mit mindestens einer Lebendgeburt in den Jahren 2015–2019 zeigte beispielsweise, dass nur 1,2% der Frauen mehr als vier Hebammenleistungen ab dem vierten Schwangerschaftsmonat wahrnahmen 8 . Auf der Angebotsseite berichten freiberufliche Hebammen von mehr Anfragen als sie annehmen können 3 9 .…”