Im Rahmen einer qualitativen videographischen Studie zur didaktischen Konzeption der Szenischen Interpretation beschäftigt sich der Beitrag mit dem Einnehmen von so genannten ‚Gehhaltungen‘ und damit verbundenen Lernprozessen. Unsere theoretischen Bezüge sind auf erkenntnistheoretischer Ebene praxeologisch grundiert, indem wir besonders auf das in Körpern eingelagerte und prinzipiell zeigbare Wissen achten. Im Zentrum der Studie steht die folgende Forschungsfrage: Wie lässt sich Lernen (hier: das Explizitmachen impliziten Wissens) in den von den Schüler:innen eingenommenen Gehhaltungen beobachten? Darüber hinaus ist von Interesse, in welchem Verhältnis die verbalen Äußerungen der Schüler:innen zu den Analyseergebnissen stehen. Die Analysen zeigen, dass eine praktische ‚Aufführung‘ von Lernen beobachtet werden kann: Die Schüler:innen explizieren im Einnehmen einer bestimmten Gehhaltung ihr implizites Wissen über ihre Rolle sowie über die Situation in Anatevka mit Hilfe ihres Körpers. Das Ringen um eine angemessene Explizierung lässt sich beobachten, teilweise wird es durch die Verbalisierung der Schüler:innen noch untermauert, kommentiert oder ergänzt. Der verwendete praxeologische Lernbegriff erscheint grundsätzlich geeignet, die Analyse dieser Szene sowie die Erfassung ihres didaktischen Potentials zu unterstützen. Darüber hinaus möchten wir auf den besonderen Wert des nicht-verbalen Explizierens hinweisen.