Zusammenfassung
Ziel der Studie Die Mehrzahl bisheriger Studien zeigt, dass Menschen mit Migrationshintergrund die medizinische Rehabilitation seltener als Menschen ohne Migrationshintergrund nutzen. Teilweise werden jedoch auch gegensätzliche Ergebnisse berichtet. Bisherige Untersuchungen haben unterschiedliche Limitationen. Die vorliegende Studie untersucht die Inanspruchnahme von Rehabilitation bei Menschen mit und ohne Migrationshintergrund auf Basis des Dritten Sozialmedizinischen Panels für Erwerbspersonen (SPE-III).
Methodik Die Auswertung basiert auf der ersten Erhebungswelle des SPE-III, erweitert um administrative Daten aus den Versicherungskonten der jeweiligen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer. Die Befragung wurde im Mai 2013 durchgeführt und umfasst eine Risikokohorte von in ihrer Teilhabe gefährdeten Versicherten der Deutschen Rentenversicherung Bund mit Krankengeldbezug im Jahr 2012. Es wird zwischen ausländischen Staatsangehörigen, deutschen Staatsangehörigen mit und deutschen Staatsangehörigen ohne Migrationshintergrund unterschieden. Als Kovariaten wurden in Anlehnung an das Andersen Healthcare Utilization Model die Lebensqualität, die subjektive Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sowie demografische und sozioökonomische Faktoren über ein logistisches Regressionsmodell berücksichtigt.
Ergebnisse Von den 2413 eingeschlossenen Befragten waren 2,7% ausländische Staatsangehörige und 4,4% deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund. Die Inanspruchnahme von Rehabilitation unterschied sich bei Deutschen mit Migrationshintergrund und ausländischen Staatsangehörigen nicht signifikant von der Inanspruchnahme bei Deutschen ohne Migrationshintergrund (adjustiertes Odds Ratio=0,78; 95%-CI=0,47–1,30 bzw. adjustiertes Odds Ratio=0,99; 95%-CI=0,53–1,88).
Schlussfolgerungen Durch die detaillierte Erfassung des Migrationshintergrundes, die Möglichkeit, Einflussfaktoren auf unterschiedlichen Ebenen zu berücksichtigen sowie die Verknüpfbarkeit von Befragungsdaten mit Routinedaten erlaubt es das SPE-III, einige Limitation früherer Studien zu überwinden. Die Ergebnisse stehen im Widerspruch zur Mehrheit dieser Studien und machen damit deutlich, dass die versorgungsepidemiologische Studienlage zur Inanspruchnahme rehabilitativer Versorgung bei Menschen mit Migrationshintergrund insgesamt inkonsistent ist. Bei der Interpretation der vorliegenden Ergebnisse müssen auch der besondere Zuschnitt des SPE-III sowie die vergleichsweise geringe Fallzahl berücksichtigt werden.